Breitseite gegen Autofahrer

von Redaktion

Zeppelinstraße: Münchner streiten über den neuen Riesenradweg in der Au

Roswitha Breuer findet den Weg überdimensioniert.

Begeistert: Thomas Luther findet die Trasse „super“ – ihm fehlt nur ein Mittelstreifen. © Achim Schmidt

Wir haben nachgemessen: Genau 4,58 Meter ist die neue Radspur breit.

Der neue Radweg an der Zeppelinstraße ist einen ganzen Meter breiter als die Autospur rechts. © Achim Schmidt (4)

München hat eine neue Landebahn. Eine schwarze und 400 Meter lange Asphaltschneise, parallel zur Isar. Gestatten: der neue Radweg in der Zeppelinstraße (Au).

Hier hat die Stadt gleich neben der Museumsinsel ein brettlbreites Trumm hingeklotzt – knapp 4,60 Meter breit. Und damit einen Meter breiter als die Autospur (Einbahn) nebenan. Das gab‘s in München noch nie.

Die macht sich aber breit! Der Grund: Jetzt fahren Radler in beiden Richtungen da, wo früher Autos parkten – und nicht mehr wie früher rechts und links der Baumreihe. Jede Fahrtrichtung bekam 2,30 Meter, so wie es der Radentscheid vorsieht. Der Radweg ist aber auch eine Breitseite gegen Autos: Jetzt gibt‘s weniger Raum für Pkw, 90 Parkplätze fielen weg. Kosten: 1,7 Millionen Euro.

Für die Stadt eine notwendige Maßnahme. Die Route sei „eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen für den Radverkehr in München“, schrieb das Mobilitätsreferat bei der Planung 2022. Rund 7000 Radler seien hier jeden Tag unterwegs – doppelt so viel wie Autos. Die Autofahrbahn nannte die Behörde deshalb „überbreit“. Und stutzte die Straße.

Jetzt steht er da, der Riesen-Radweg. Ob die Planung sinnvoll war, da gehen die Meinungen breit auseinander. Thomas Luther (39) findet ihn „super“: Der Psychotherapeut: „Ich komme aus Giesing und fahre hier entlang immer zur Arbeit. Radler und Fußgänger haben jetzt jeweils ihren eigenen Bereich. Früher fuhr man teilweise gleich neben dem Gehweg. So behindert man sich nicht gegenseitig. Und weil es so schön breit ist, kann man auch besser die Lastenräder überholen. Mich wundert nur, dass es keinen Mittelstreifen gibt.“

Super? Das sieht Radfahrerin Evi S. ganz anders: „Das Ding ist eine Unverschämtheit“, schimpft sie. „Ich habe seit 25 Jahren kein Auto, aber Autos gehören trotzdem zur Stadt dazu. Mit solchen Maßnahmen werden sie nur aus der Stadt geekelt.“

Auch Roswitha Breuer (75) ist wenig begeistert: „Das ist viel zu breit – und die Autospur viel zu eng. Wenn jetzt hier ein Krankenwagen halten muss, kann keiner ausweichen und es gibt Stau. Außerdem parken die, die hier keinen Parkplatz mehr kriegen, bei uns in der Straße – und wir finden keine Lücke mehr.“

Neue Radwege polarisieren in der ganzen Stadt: In Harlaching forderten erzürnte Bürger nach einem Umbau schon eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Stadt. Kürzlich beschlossen wurde auch ein neuer Radweg in der Lindwurmstraße. Auch da gab’s Streit, weil Autospuren wegfallen. In der Augustenstraße (Maxvorstadt) sollen 57 Parkplätze wegfallen, Autos nur noch mit Tempo 30, teilweise nur Tempo 20, fahren.
THOMAS GAUTIER

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