Blick aufs Kita-Haus in der Odinstraße in Bogenhausen: Es gibt viel zu wenig Personal in der Einrichtung. © ServusKids
Maritta Späth mit ihrem zweijährigen Sohn: „Das ganze Kita-System ist katastrophal“. © privat
Die Hiobsbotschaft kam genau vor zwei Wochen per Mail: Zwei von drei Kinderkrippen-Gruppen im Odinhaus (Bogenhausen) machen dicht! Und das bereits zum 31. Januar 2025. Das Haus gehört zu ServusKids, einem Träger mit Sitz in München. Betroffen – in beiden Bedeutungen des Wortes – ist auch die Familie Späth. Ihr zweijähriger Sohn braucht ruckzuck eine neue Betreuungsstelle. Mutter Maritta ist sauer: „Am allermeisten ärgert mich, dass die Kommunikation zwischen der Einrichtung und den Eltern nie transparent war. Dabei wusste man seit Sommer, dass ab September Personalmangel bestehen wird. Trotzdem waren wir alle vor den Kopf gestoßen, dass die Gruppen ganz einfach aufgelöst werden.“ Schöne Bescherung!
Die Späths sind zu fünft: Zum Jüngsten (2) gesellen sich zwei weitere Kinder im Alter von fünf (Kindergarten, in einer anderen Einrichtung) und sieben Jahren (erste Klasse). Maritta Späth kritisiert: „Es wurden willkürlich einfach die beiden kleinsten Gruppen geschlossen, ohne zu berücksichtigen, wie groß der Bedarf der einzelnen Familien ist, wie alt die Kinder sind oder ob es Geschwisterkinder gibt.“ Alle Eltern hätten sehr viel getan, um den „extremen Schritt“ der Einrichtung zu verhindern. Pusteblume!
„Im Sommer wurde die Geschäftsleitung komplett ausgetauscht. Uns wurde mitgeteilt, die Vorgänger hätten so viel im Argen hinterlassen, dass nichts mehr zu ändern gewesen sei“, so die dreifache Mutter. Das ganze Kita-System sei „katastrophal“. Denn: „Private Einrichtungen schmeißen einem die Plätze hinterher, doch bei den geförderten Plätzen gibt es bei Weitem nicht genug!“ In Zahlen: Ein privater Platz kostet zwischen knapp tausend bis zu 1500 Euro – pro Kind! „Selbst wenn man wirtschaftliche Jugendhilfe beantragt, zahlt man immer noch bis zu 900 Euro pro Kind“, rechnet die Münchnerin vor. Der Beruf der Kinder-Pädagogen würde noch immer nicht genug geschätzt. „Der Beruf muss einfach attraktiver gemacht werden“, appelliert sie. „Es kann nicht sein, dass es so weit kommt wie das, was wir jetzt erlebt haben.“
Nachdem die Späths vom Rausschmiss ihres Jüngsten erfahren haben, war auf einer Stress-Skala von null bis 100 eine glatte 100 erreicht, erinnert sich Späth. Doch sie hat Glück gehabt. „Weil ich flexibel arbeiten kann bei der Marketing-Abteilung der LBS, konnte ich viele Einrichtungen anrufen und vorbeikommen. Wir haben einen neuen Platz gefunden! Hätte ich einen Tag später angerufen, wäre die Kita Biberbau in der Vollmannstraße schon von Anfragen überrollt worden.“
Auch wenn der Filius nun aufgehoben sein wird: „Mir tun die Erzieher leid, die unter Stress versuchen, das Beste zu geben. Mir tun die Eltern leid, die verzweifelt versuchen, einen neuen Platz zu finden. Und mir tut vor allem mein Sohn leid, der nun aus seinem Freundeskreis gerissen wird und sich ganz neu einleben muss.“ Apropos einleben: Maritta Späth wollte ihre Teilzeit – ihr Ehemann arbeitet Vollzeit – im Januar von 40 auf 50 Prozent anheben. „Doch ob das klappt mit der Eingewöhnungszeit, wird sich zeigen.“
Margot Kainz ist Geschäftsführerin von ServusKids, die in und um München 24 Standorte betreibt. Sie betont: „Wir sehen die Not der Eltern.“ Deswegen habe sie in einem Brief an die Eltern auch knapp zehn Träger mit freien Krippenplätzen aufgelistet. „Und wir haben den Eltern gegenüber kommuniziert, dass die Personalsituation angespannt ist.“ Für das Fortbestehen der zwei im Januar schließenden Gruppen seien fünf weitere Vollzeitkräfte nötig. Personal, das sie händeringend sucht. „Wir haben einen pädagogischen Auftrag. Ich kann es nicht verantworten, dass sich ein Erzieher um mehr als 20 Kinder kümmert.“ Ihr Haus an der Odinstraße sucht derzeit außerdem eine neue Leitung in Vollzeit, alle offenen Stellen unter servuskids.de.
R. MITTERMEIER, M. BIEBER