Es gibt noch Herzenswärme

von Redaktion

Heiligabend für Bedürftige im Hofbräuhaus und am Hauptbahnhof

Die Bahnhofsmissions-Mitarbeiter und die drei Geistlichen vor dem Infostand in der Halle vom Hauptbahnhof.

Die Blechbläser spielten Weihnachtslieder. Dutzende blieben stehen und sangen mit.

Ein frohes Fest: Rund 600 Bedürftige wurden bei der „Obdachlosenweihnacht“ von weit über 100 Helfern bedient. Alles war gratis. © Hofbräuhaus (2), Yannick Thedens (2)

In einer Zeit des Wandels und der bangen Unsicherheit tut Trost gut. Zum Glück gibt es die beiden großen „H“: Hoffnung und Herzenswärme. Am Platzl wird die „Obdachlosenweihnacht“ im Hofbräuhaus gefeiert. Eingeladen hatte der Katholische Männerfürsorgeverein. Im Saal: 600 bedürftige Münchnerinnen und Münchner. Es ist warm, es ist heiter – und es gibt Köstliches zu essen. Neben den Helfern des Vereins sind 100 Freiwillige am Start. Das Küchenteam vom Hofbräuhaus schiebt gerne Überstunden, und Weihbischof Wolfgang Bischof feiert mit den Gästen.

Gäste wie Guido, der in einem Wohnprojekt in Sendling eine Heimat hat und im Alter von über 60 jetzt Kochen lernt. „Jede Woche wird pro Stockwerk ein Koch bestimmt“, erzählt er. Klar gibt es Männer, die das besser können – aber er macht Fortschritte und hat Spaß. Was er sich wünscht? „Dass der Friede in Europa erhalten bleibt. Und privat, dass ich gesund bleibe und weiterhin gut versorgt werde.“

Barbara hat ihren Hund mit dabei. Ihre Kinder sind längst groß und zu weit weg. Sie hat Krebs. „Ich schaue, dass ich einigermaßen über den Tag komme“, erzählt sie tapfer. Sie geht gerne in Frauencafés, „da kann ich günstig essen“, und viel mit ihrem Hund spazieren. Ihr Wunsch? „Gesundheit, alles andere ist egal.“ Und dann fügt sie leise hinzu: „Und dass ich nicht so viele Schmerzen habe.“

Nachmittags am Hauptbahnhof: Inmitten von Hektik und Lärm erklingt gegenüber den Gleisen 12/13 „O du fröhliche“. Dutzende singen mit. Die Bahnhofsmission hatte zum ökumenischen Weihnachtsgottesdienst geladen, Motto: „Hoffnung allen Menschen“. Etliche feiern mit, Reisende halten an und versammeln sich um Altar, Krippe und Bläserensemble.

„Ich habe mich schon den ganzen Tag auf den Weihnachtsgottesdienst gefreut“, erzählt Sabine (Name geändert). Die 46-Jährige ist obdachlos. Weihnachten hat für sie eine große Bedeutung: „Ich bin religiös und gläubig aufgewachsen.“ Hier kann sie Heiligabend gemeinsam mit anderen verbringen, statt allein zu sein – ein kleiner Trost in einer schweren Zeit. „Es war ein wunderbarer Tag.“

„Unser Weihnachtsgottesdienst ist für alle, die mögen. Manche reisen sogar extra an“, sagen Barbara Thoma und Bettina Spahn, die Leiterinnen der evangelischen und der katholischen Bahnhofsmission. Der Gottesdienst ist ökumenisch, die Mitarbeitenden der Bahnhofsmission lesen die Weihnachtsgeschichte in verschiedenen Sprachen vor. Die Anwesenden singen gemeinsam Weihnachtsklassiker, beten, und die Bischofe sprechen Worte der Hoffnung.

Immer wieder wird der Gottesdienst durch Durchsagen unterbrochen. Aber das macht diesen Gottesdienst für den katholischen Weihbischof Wolfgang Bischof so besonders. „Der Bahnhof ist ein Ort, wo das Leben ist. Hier kommen und gehen verschiedenste Menschen.“ Menschen wie Bernhard Herold (48). Der Grundschullehrer ist berührt: „Die Atmosphäre, die Reden und die Musik waren toll, und ich konnte mich trotz des Orts gut auf den Gottesdienst einlassen. Außerdem fand ich es superspannend, verschiedene Lebensrealitäten kennenzulernen.“
H. JUNG, M. BIEBER

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