Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis. © Stroh/dpa
Franziska Brantner, Grünen-Chefin, besucht Bayern. © dpa
Impressionen aus Seeon: Alexander Dobrindt (und Michael Kretschmer, ein Gast aus dem Vorjahr) gehen auf das CSU-Logo im Innenhof des Klosters zu. © Peter Kneffel
Seeon/München – Man darf das Verhältnis von CSU-Politikern zu Griechenland ganz vorsichtig als „wechselhaft“ bezeichnen. Tiefpunkt: 2012, als mehrere Christsoziale den Euro-Rauswurf der Hellenen forderten. Jetzt müsse man „ein klares Exempel statuieren“, sagte Markus Söder, er beschrieb die Griechen als Muttersöhnchen, die mal „bei Mama ausziehen“ müssten. Alexander Dobrindt nannte die Griechen, geführt von einer konservativen Regierung, „Hütchenspieler mit unserer Währung“ und forderte ebenso den Euro-Austritt.
Der Zoff ging noch ein gutes Jahr weiter, sorgte in der deutschen Innenpolitik ebenso wie in Athen für wütende Reaktionen. Jetzt, bald 2025, klingt all das sehr fern, denn das Verhältnis steuert auf einen neuen Höhepunkt zu. Die CSU lädt den griechischen Ministerpräsidenten, noch immer ein Konservativer, als Ehrengast zu ihrer wichtigsten Klausurtagung ein. Dobrindt bittet Kyriakos Mitsotakis zur Landesgruppen-Klausur von 6. bis 8. Januar ins Kloster Seeon – praktisch als Vorbild dafür, wie ein Land ein Comeback schaffen kann.
Tatsächlich hat sich der Blick auf die Griechen, noch immer Euro-Partner, gewandelt. Das Land hat einen schmerzhaften Reformprozess durchlaufen, der innenpolitisch heftigen Widerstand überwinden musste. Als Schlüsselprojekt gilt dabei das Umdenken bei der Arbeitszeit: Die angeblich so gemütlichen Griechen sind statistisch inzwischen die fleißigsten Europäer, knapp 40 Stunden Wochenarbeitszeit sind Rekord auf dem Kontinent und sechs Stunden mehr als der deutsche Schnitt. Seit Juli gibt es in Hellas zudem die Option einer Sechs-Tage-Woche mit 48 Stunden bei 40 Prozent Lohnzuschlag am Samstag. Es ist die griechische Antwort auf den Fachkräftemangel im Land. CSU-Chef Söder sagte im Juni mit Blick auf Athen, man müsse von den Griechen lernen, statt über Vier-Tage-Wochen zu diskutieren. „So werden wir den Rückstand nicht aufholen. Wir müssen wieder mehr arbeiten.“
Mitsotakis passt der CSU als Stargast gleich mehrfach ins Konzept – um das Thema Wirtschaft und Leistung zu betonen, aber auch in der Migrationspolitik. Dobrindt will mit dem griechischen Kollegen über die Bekämpfung der illegalen Migration diskutieren.
Für die CSU ist es eine wichtige Klausur im Seeoner Winterwetter, um sich inhaltlich auf den greifbaren Wahlsieg vorzubereiten. Auf Dobrindts Gästeliste, die unserer Zeitung vorab vorliegt, stehen deshalb natürlich die Parteichefs Söder und Friedrich Merz, die gemeinsam vor den Abgeordneten und den Medien auftreten wollen. Über die Außenpolitik will die CSU neben Mitsotakis mit Luxemburgs Premierminister Luc Frieden reden. Zum Thema Wirtschaft reist Veronika Grimm an, die Professorin berät als eine der „Wirtschaftsweisen“ die Regierungen. Sie sagt klarer als ihre Kollegen voraus, dass ohne massives Umsteuern ein starker Anstieg der Arbeitslosigkeit drohe. Zudem fährt Telekom-Chef Timotheus Höttges nach Seeon.
Dobrindt gibt Wachstum, Wirtschaft und Wertschätzung von Leistung“ als Klausur-Leitmotiv aus: „Deutschland steht vor einer zentralen Richtungsentscheidung: ‚Politikwechsel oder weiterer Abstieg‘.“ Man starte in Seeon als CDU und CSU „gemeinsam in die heiße Wahlkampfphase, um für den echten Politikwechsel in Deutschland zu werben: mit einem Comeback-Plan für die Wirtschaft, einer Begrenzung der illegalen Migration und einer Stärkung der inneren und äußeren Sicherheit“.
Landespolitisch folgen mit ein, zwei Wochen Abstand Klausuren aller Parteien. Auch hier noch mal die CSU, die Landtagsfraktion tagt Mitte Januar wieder in Kloster Banz. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ist angekündigt, zudem der Außenpolitik-Professor Carlo Masala und Terror-Forscher Peter Neumann. Die SPD geht, teils hinter verschlossenen Türen, bei BMW in Klausur. Der neue Fraktionschef Holger Grießhammer will die kleinste Fraktion wieder auf einen pragmatischeren, arbeitnehmernäheren Kurs führen. Die Grünen holen sich Ifo-Chef Clemens Fuest nach München, zudem reist die neue Bundesvorsitzende Franziska Brantner an. Ein Termin mit Wirtschaftsminister und Kanzlerkandidat Robert Habeck ist bisher nicht benannt.