Grünes Licht für die Türme

von Redaktion

Stadtrat billigt Masterplan fürs Paketpostareal

Investor Ralf Büschl vor der denkmalgeschützten Paketposthalle. Er plant die Bebauung des Areals. © Marcus Schlaf

Zwei 155-Meter hohe Türme sollen künftig am Paketpostareal in den Himmel ragen. Der Stadtrat gab gestern grünes Licht für das Projekt. © Herzog & de Meuron

Es ist das aktuell wohl spektakulärste und vielleicht auch umstrittenste Bau-Projekt in München. Im Stadtrat aber besteht große Einigkeit über die Zukunft des Paketpostareals. Der Planungsausschuss hat am Mittwoch den Masterplan für die Bebauung der 8,7 Hektar großen Fläche in Neuhausen gebilligt. Zentraler Bestandteil des Projekts sind zwei 155 Meter hohe, bogenförmig geschwungene Türme, ein weiteres 65 Meter hohes Wohngebäude sowie die Umnutzung der denkmalgeschützten, 20 000 Quadratmeter großen Paketposthalle als öffentlich zugänglicher Ort mit vielfältigen Nutzungen für Erholung, Sport und Kultur. Im Untergeschoss der Halle plant Investor Ralf Büschl einen Konzertsaal mit Platz für 3000 Personen. Die Vollversammlung des Stadtrats muss am 5. Februar noch dem Billigungsbeschluss des Ausschusses folgen. Dies gilt allerdings als Formsache.

SPD, Grüne, CSU und FDP stellten sich gestern klar hinter das Neubauprojekt, nur Linke und die München-Liste votierten dagegen. OB Dieter Reiter (SPD) sagte: „Wir brauchen als Stadt nicht Stillstand, sondern Entwicklung.“ Dass auf der ehemals gewerblich genutzten Fläche als Nebeneffekt auch noch zahlreiche kostengünstige Wohnungen entstünden, sei „fast sensationell“. Den Initiatoren des Bürgerbegehrens Hochhaus-Stop unterstellte Reiter, „mit unlauteren Methoden Horror-Vorstellungen zu skizzieren“.

Wie berichtet, hatte der Verein Hochhaus-Stop am Wochenende bekannt gegeben, genügend Unterschriften gesammelt zu haben, um einen Bürgerentscheid zum Bau der Türme zu erzwingen. Der Verein befürchtet einen Eingriff in die Lebensqualität der Münchner und eine Zerstörung der Silhouette der Stadt. Auch das Landesamt für Denkmalpflege fordert eine Begrenzung der Hochhäuser auf maximal 60 Meter wegen der Sichtachse zum Nymphenburger Schloss.

Dirk Höpner (München-Liste) prangerte im Planungsausschuss das Missverhältnis von 1200 Wohnungen und 3000 Arbeitsplätzen an. Zudem befürchtete er, dass in den Türmen nur „Wohnungen für Super-Reiche“ entstünden. Brigitte Wolf (Linke) sprach wie Höpner von einer zu hohen baulichen Dichte und zu wenig Grün.

Kritik, die von den anderen Parteien in keinster Weise geteilt wurde. Fraktionsübergreifend wurde betont, dass das Neubauprojekt an der Bahnachse eine Riesenchance für die Entwicklung der Stadt berge. Anna Hanusch (Grüne) etwa erklärte: „Es entsteht ein Mehrwert, eine bunt gemischte, urbane Stadt. Der Investor hätte auch etwas anderes machen können.“ Jörg Hoffmann (FDP) pflichtete bei: „Wir kriegen ein Projekt, das mit diesen Komponenten einzigartig ist: Kultur, Wohnen, Gewerbe – ein Gesicht für die Stadt. Es ist ein Wahnsinn, dieses Vorhaben schlechtreden zu wollen. München kommt damit ein bisschen aus seiner Provinzialität heraus.“ Auf die architektonisch spektakuläre Facette des Projekts zielte auch Stadtbaurätin Elisabeth Merk (parteilos) an: „Es ist eine Chance mit Strahlkraft für die ganze Stadt.“ Heike Kainz (CSU) bezeichnete die Planungen zur Paketpost als herausragend und zukunftsweisend.

Entstehen soll in der Mitte des Areals auch ein großer Quartierspark. Neben den Zwillingstürmen sind mehrere sechs- bis siebengeschossige Bauten und ein 65 Meter hohes Gebäude mit Wohnraum im kostengünstigen Segment vorgesehen. Von den knapp 1200 Wohnungen sollen 40 Prozent gefördert sein. Auch in den Hochhäusern ist kraft städtebaulichem Vertrag mit dem Investor 5000 Quadratmeter Wohnraum für „systemrelevante Berufe“ festgeschrieben. Daneben sind Büros, Einzelhandel, Hotelnutzung und soziale Einrichtungen geplant. Der unweit des Entwicklungsgebiets angesiedelte Club Backstage soll in seiner Entwicklung nicht beeinträchtigt werden, wie von allen Parteien bekräftigt wurde.

Investor Büschl erklärte am Mittwoch: „Mit dem Paketpostareal entsteht ein neues Stück München – ein Quartier, das zeigt, wie wir die urbanen Herausforderungen unserer Zeit lösen können: nachhaltig, sozial und zukunftsorientiert.“ Die Zeitschiene für die Realisierung des Projekts steht allerdings auf einem anderen Blatt. In dieser Hinsicht äußerten sich viele Stadträte trotz allseitiger Euphorie eher defensiv. Einige sagten gar: „Ich hoffe, dass ich die Umsetzung des Projekts noch erleben werde.“
KLAUS VICK

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