Vergangene Woche musste ein Konzert mit der Dirigenten-Legende Herbert Blomstedt im Münchner Herkulessaal kurzfristig abgesagt werden. Irgendwo im Saal blinkte nämlich unaufhörlich eine Alarmlampe – und es gab keinen Elektriker weit und breit, der sie hätte ausschalten können. Als ich das las, musste ich an eine Reise denken, die ich vor exakt zwanzig Jahren unternommen hatte: einmal im Kreis auf Kuba. Wir übernachteten damals vor allem in kleinen Pensionen, die von Familien im Nebenerwerb betrieben wurden – mit viel Liebe und wenig Genehmigungen. Und vor allem großem Spaß an der Improvisation.
In einer Pension entdeckte ich beispielsweise einen Elektroboiler an der Innenwand meiner Duschkabine. Auf den ersten Blick eine super Sache – man konnte prima sein Duschgel darauf abstellen. Allerdings irritierte die Verkabelung des Geräts dann doch ein wenig: Um Kabelstrecke zu sparen, verlief nämlich ein Stromkabel quer durch die Duschkabine, und von diesem Kabel wiederum war an manchen Stellen die Isolierung abgerissen. Man sah den blanken Draht. Ich duschte trotzdem. Als ich allerdings versuchte, bei laufendem Wasser den Duschkopf zu justieren, machte ich eine etwas ungünstige Bewegung – und schon klebte ich an der Kabinenwand, zuckend nach einem beträchtlichen Stromstoß. Wer als Kind einmal gegen einen Weidezaun gebieselt hat, kennt dieses Gefühl. Nach Kuba reisen muss man dafür nicht zwingend.
Jedenfalls frage ich mich seit letzter Woche: Wie hätten wohl meine kubanischen Gastgeber von damals das aktuelle Problem im Herkulessaal gelöst? Vermutlichhätten sie sich erst einmal kaputtgelacht über die umständlichen Deutschen. Dann wäre einer nach draußen und hätte ein paar Steine geholt. Und mit denen hätten meine Kubaner so lange auf das Alarmlicht geworfen, bis einer die Glühbirne getroffen und zerstört hätte. „Moment!“, schreit da der sicherheitsliebende Deutsche, „Wie sind die Kubaner denn dabei versichert? Was ist, wenn ein geworfener Stein eine Delle im Boden oder an der Wand verursacht?“ Kubanische Antwort: „Dann findet das Konzert trotzdem statt.“ Es ist vielleicht ein mutiger Rat im Freistaat Bayern. Aber ein bisschen mehr Improvisation, ein bisschen mehr Kuba zu wagen, könnte uns manchmal durchaus helfen.
Und nebenbei: Wenn die Kubaner schon mal in der Stadt wären, dann würde ich ihnen gleich noch den Max-Joseph-Platz, die leer stehenden Benko-Immobilien und das Grünwalder Stadion zeigen. Wer weiß, was da plötzlich geht?
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