Hier zieht die Kunst ein

von Redaktion

Steinhausen: 42 Ateliers in unscheinbarem Bürohaus mit Alpenblick für kreative Köpfe

Maler Christian Muscheid bei der Arbeit: Er ist Teil der Münchner Künstlergruppe Super +. © Michael Siebert

Gelbe Wände, blauer Teppich, biederer Charme: Bald sollen die früheren Büros zur kreativen Spielstätte werden.

Es ist keine Schönheit, das Gebäude in Steinhausen. Jetzt sollen Künstler die Räume im 7. Stock zum Leben erwecken.

Alexander Deubl, Christian Muscheid und Konstantin Landuris in dem neuen Künstler-Hochhaus. © Yannick Thedens (3)

Das siebte Stockwerk dieses Hochhauses sei wie eine „leere Leinwand“, sagt Konstantin Landuris (45). Eine Leinwand, auf der sich Kreative, wie Maler, Designer und andere, frei entfalten können. Bislang versprüht die Etage noch eher den biederen Charme eines 70er-Jahre-Behördengebäudes: blassgelbe Wände, dunkelblaue Teppichböden, weiße Mineralpflasterdecken. Doch das soll sich bald ändern: Die Kunst soll hier einziehen. In dem Hochhaus in Bogenhausen entstehen 42 neue Ateliers für Kreativschaffende. „Sie sollen die Räume zum Leben erwecken“, sagt Christian Muscheid (42) – dort an Werken arbeiten, sich gegenseitig inspirieren und dem biederen Charme des Gebäudes ihr „kreatives Chaos“ überstülpen.

Christian Muscheid, der Maler, und Konstantin Landuris, der Designer und Erfinder, stecken gemeinsam mit dem Bildhauer Alex Deubl (42) hinter dem Projekt: dem Bella Vista. Einem neuen Künstlerhaus, das lichtdurchflutete Ateliers mit Alpenblick bietet. Eine ganze Etage, rund 1300 Quadratmeter, nur für Kunst und Kreativität – von Malerei bis Mode. Der Name ist treffend – schließlich ist der Blick von der 7. Etage und der überdachten Dachterrasse im 8. Stock wahrlich atemberaubend.

Landuris, Muscheid und Deubl bilden gemeinsam die Künstlergruppe Super +. Keine Unbekannten in der Münchner Szene, wenn es um Denkfabriken geht. Zusammengefunden haben die drei, als sie vor rund zehn Jahren gemeinsam eine alte Tankstelle in Schwabing vorübergehend zu einem Ort für Kunst machten. Als Zwischennutzung. Sie kennen sich also damit aus, urbanen Raum neu zu gestalten.

Und als Münchner Künstler wissen sie aus eigener Erfahrung: „Es fehlen überall Räume für Kreative, es ist schon fast unheimlich“, sagt Muscheid. Und wenn es Flächen gibt, dann sind sie oft unbezahlbar. „Auf öffentliche Angebote der Stadt kann man sich auch nicht verlassen“, ergänzt Muscheid. Die Landeshauptstadt bietet aktuell 146 städtische Arbeitsatelierräume, die an rund 240 Personen vermietet werden. Für eine Millionenstadt zu wenig. Um diese Lücke ein wenig zu schließen, entwickelten die drei selbst eine Vision: Sie suchen Flächen, die sie dann an Kreative zu angemessenen Preisen weitervermieten. Mit dem Hochhaus in Bogenhausen, das jetzt dazukommt, bieten sie mittlerweile rund 180 Ateliers an – zum Beispiel in dem alten Gesundheitshaus in der Dachauer Straße. Deutlich mehr als die Stadt. Zu ihren Mietern zählen unter anderem bildende Künstler, Modemacher, Architekten oder auch Tätowierer. „Unsere Idee: Wir schaffen eine vielfältige, kreative Gemeinschaft an verschiedenen Kunstformen, die sich gegenseitig inspirieren kann“, sagt Landuris.

Die Suche nach Orten – keine einfache Aufgabe. „Es ist ziemlich schwer, an Objekte zu kommen: Oft haben Vermieter Vorurteile gegen Künstler“, sagt Muscheid. Ein Problem: „Viele Eigentümer wollen Kohle – doch viele Künstler haben nur wenig Geld.“ Um bezahlbare Flächen zu finden, investieren die drei daher zig Stunden. So stießen sie auf das Hochhaus in Bogenhausen. Alles passte, der Preis, die Ausstattung.

Bereits am 1. Februar soll das Künstlerhaus öffnen. Die Ateliers gibt’s ab 360 Euro. Die ersten 15 Interessenten stehen schon fest. An den kommenden beiden Freitagen sollen weitere Besichtigungen stattfinden. Interessenten können sich mit einer E-Mail an ateliers@superplusstudio.de an die Macher wenden und einen Termin zur Besichtigung ausmachen.
JULIAN LIMMER

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