Callcenter-Leiter Michael Sperk hat bereits das Corona-Callcenter während der Pandemie geleitet. © M. Schlaf (2), dpa
Stadtkämmerer Christoph Frey im Grundsteuer-Callcenter in der Seidlstraße (re.). Viele Bürger sind wegen der Steuer verunsichert.
Wenn der Chef persönlich an der Telefon-Hotline sitzt, muss es wichtig sein. In der Tat: Die Grundsteuerreform ist eine „Jahrhundertreform“, sie betrifft bundesweit Millionen Immobilienbesitzer. Auch Münchner Eigentümer sind in Aufruhr. Die Stadt verschickt seit 9. Januar Bescheide an alle rund 300 000 Steuerpflichtigen – am 15. Februar ist die erste Zahlung fällig. Für Grundsteuerpflichtige wurde bei der Stadt ein eigenes Callcenter (Telefon 089/233 96427) eingerichtet. Stadtkämmerer Christoph Frey hat sich dort gestern einen Stimmungsbericht abgeholt.
Wie berichtet, hatte das Bundesverfassungsgericht die Grundsteuer in ihrer bisherigen Form für verfassungswidrig erklärt. Bayern hat sich im Zuge der Reform für die Einführung eines Flächenmodells entschieden, in dem der Grundstückswert keine Rolle mehr spielt. Ziel laut Gericht: „eine gerechtere Ausgestaltung der Grundsteuer“.
Doch ist das neue „wertunabhängige Flächenmodell“, das in Bayern jetzt gilt, tatsächlich gerechter? Frey betont, dass die Abweichungen „in der Regel nach oben oder unten wenige Euro pro Quadratmeter pro Jahr“ ausmachten. Pauschale Aussagen seien nicht möglich, da verschiedene Faktoren wie Grundstücksgröße, das Verhältnis von bebauter zu unbebauter Fläche sowie der letzte Bewertungszeitpunkt eine Rolle spielten. Aber er sagt auch: „Wenn ich ein Geschäftsgebäude in der Münchner Innenstadt habe, das einen sehr, sehr hohen Wert hat und dieser Eigentümer dann verhältnismäßig das Gleiche zahlt wie jemand mit einem Häuschen am Stadtrand, dessen Grundstück oder Gebäude 20 Prozent Wert von dem hat, was am Marienplatz steht – dann kann man sich natürlich schon die Frage nach der Gerechtigkeit stellen.“
Die Drähte im Callcenter laufen heiß. Seit 10. Januar seien schon über 10 000 Anrufe eingegangen, sagt Callcenter-Leiter Michael Sperk. 20 Mitarbeiter nehmen Fragen der Anrufer in einer Art Zwei-Stufen-System entgegen: „Die meisten Fragen können im First Level geklärt werden“, sagt Sperk. Es handle sich um zu erwartende Fragen – wie die nach der Richtigkeit des Bescheids, zu Zahlungswegen oder nach der Tiefgarage. Die Berater erklären dann beispielsweise, dass eine Tiefgarage kleiner als 50 Quadratmeter zum Wohneigentum dazugehöre.
„Die Hauptanrufe kommen von verunsicherten Bürgern“, so Sperk. Die Unsicherheit habe ihren Ursprung in der Zweiteilung des Verfahrens. Denn: Die Grundsteuer wird anhand des Grundsteuermessbescheids des Finanzamts berechnet. Die Crux: „Wenn man in seiner Steuererklärung versehentlich falsche Angaben zum Beispiel bei den Flächen macht, kann das dazu führen, dass die Grundsteuer nicht stimmt“, sagt Sperk.
Etwa zehn Prozent der Fälle werden an das Second Level, Sachbearbeiter vom Grundsteueramt, weitergeleitet. „Hier geht es um Themen wie Nießbrauchfälle, Eigentum in der Erbengemeinschaft oder Gesamtschuldner. Da wird in die Einzelfallberatung gegangen“, sagt Sperk.
Sollte die Grundsteuer falsch sein, sollte trotzdem bezahlt werden, um kein Mahnverfahren in Gang zu setzen. „Man sollte sich ans Finanzamt wenden, es könnte ein Fehler im Messbescheid vorliegen.“ Wichtig auch: Ein SEPA-Mandat zur automatischen Abbuchung der Grundsteuer kann unter www.muenchen.de/zahlungen erteilt werden.
DANIELA POHL