Unser Kolumnist (u. re.), Lach-und-Schieß-Chef Uli Spanda (u. li.) und das Ensemble der Leipziger Pfeffermühle. © privat
Vor einem Jahr noch hätte die Überschrift hier „Pleite und zerstritten“ heißen müssen. So war sie nämlich wirklich, die Situation der Münchner Lach- und-Schießgesellschaft. Da ist jetzt bei der neuen Formulierung natürlich schon ein Schuss Optimismus dabei, aber halt auch ein Schuss Realismus. Und das macht Mut.
Zunächst einmal: Der von Sammy Drechsel gegründete und von Dieter Hildebrandt geprägte „Laden“ in Alt-Schwabing lebt noch! Sogar mit besserer Gastronomie denn je, denn die „Gastro“ war nicht gerade die besondere Stärke des alten „Ladens“. Damit nicht genug: Es gibt jetzt sogar drei Spielorte mit fünf Räumlichkeiten, neben dem „Laden“ noch das Deutsche Theater mit Silber- und Barock-Saal und die Haidhauser „Drehleier“ mit Theatersaal und Foyer. Vor allem aber gibt es immer noch das Ensemble, das mit Ausdauer und Engelsgeduld alle Krisen und Zumutungen überwintert hat und jetzt dem Frühling entgegensieht: Christel Sittenauer, Frank Klötgen und Sebastian Fritz.
Aber das wussten Sie schon. Jetzt die Neuigkeiten. Zum Jahreswechsel hat sich herausgestellt: Die Lach und Schieß kann Jahresrückblick! Das war ja früher für die Fernsehnation der Markenkern: Kein Jahr durfte zu Ende gehen ohne den Spott des damaligen Ensembles und das Solo von Dieter Hildebrandt. Viele von uns haben noch komplette Szenen im Kopf. Aus und vorbei? Nein. Schon der erste Neustart klappte, mit der Wortgewalt eines Jahresgedichts von Franz Klötgen, feministischer Angriffslust von Christl Sittenauer und scharfer Kritik an Fifa-Geschäften und olympischem Kommerz von Regisseur Sven Kemmler, der den Sportteil wie einst Sammy Drechsel als Solist präsentierte. Läuft schon.
Zu Jahresbeginn wurde vielen Zuschauern erst klar, wie aktuell und politisch brisant auch das erste Stück des Ensembles war, „Abgespeckt“, das dank seiner Aktualität noch im Programm bleibt, mit aller Kritik an Lifestyle-Fragen und den Hightech-Milliardären, deren politische Macht manchem jetzt erst klar wird. In dieser Woche noch ein Aufbruch: Der künstlerische Leiter André Hartmann konnte die Leipziger Pfeffermühle für ein Gastspiel gewinnen. Ensemble-Kabarett vom Feinsten, mit Hohn und Spott über die Rentenpolitik, aber auch die Komik Hochbetagter, scharfer Sozialkritik am milliardenschweren Cum-ex-Betrug der feinen Finanzwelt und dem Zynismus der Immobilienbranche und mit wahrer Wortakrobatik eine Abrechnung mit dämlichem Polit-Jargon.
Da war es wirklich beruhigend, dass die Leipziger in der Künstler-Garderobe versprachen: „Wir kommen wieder!“ Mit weiteren Ensembles – es gibt ja nicht sehr viele! – ist Hartmann schon im Gespräch. So könnte der „Laden“ wirklich wieder eine Heimat des deutschsprachigen Ensemble-Kabaretts werden. Und natürlich daneben auch eine Plattform Schwabinger Aktivitäten. Endlich mal gute Aussichten.