Schock nach dem Anschlag

von Redaktion

Untermenzing: 23 Polizeiautos angezündet

Anwohner Christian Eckstein rief die Feuerwehr. © gautier

Samstag, 2.42 Uhr: Der Stützpunkt der Polizeihundestaffel in Untermenzing brennt. Rauch steigt auf. © privat

45 Feuerwehrleute kämpften vor Ort gegen die Flammen. © Thomas Gaulke

23 Polizeiwagen verbrannten. Der Schaden: zwei Millionen Euro. © Thomas Gaulke

Am Samstag um 2.40 Uhr war Christian Eckstein (36) schon wach. Sein Baby schrie, Eckstein war mit ihm im Wohnzimmer seines Hauses in Untermenzing. Da hörte er einen Knall. Und noch einen. Und noch einen. „Ich dachte erst, das sind Böller“, sagt der Produktmanager. Eckstein sah aus dem Küchenfenster. Er sah eine riesige Rauchsäule über dem Gelände der Polizeihundestaffel an der Angerlohstraße. Und er sah den rötlichen Schein der wütenden Flammen.

Eckstein rief sofort die Feuerwehr. Dann ging er hinaus in den Garten und machte ein Foto der größten Attacke auf die Münchner Polizei seit Jahrzehnten.

Denn davon gingen Politik und Polizeigewerkschaft sofort aus. 23 Polizeiwagen verbrannten am frühen Samstagmorgen. Die Knallgeräusche, die Eckstein gehört hatte, waren Autoreifen, die in der Hitze explodierten. Der Schaden beträgt laut Polizeisprecher Thomas Schelshorn zwei Millionen Euro. Ein Glück: Es wurde niemand verletzt – auch keine Hunde. Die waren gar nicht auf dem Gelände. Anwohner Eckstein: „Die sind nachts nie da, die Hundeführer nehmen sie immer mit nach Hause.“

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach am Samstag von einem „Brandanschlag“. Herrmann: „Aus meiner Sicht hat das schon terroristische Grundzüge.“ Und: „Das ist eine schwerwiegende Straftat, die sich ganz gezielt gegen jene richtet, die jeden Tag rund um die Uhr im Einsatz für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger sind.“

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sprach von einem „Anschlag auf unsere Demokratie“ – ihm zufolge „wird vermutet, dass es sich um einen politisch motivierten Anschlag aus dem linksextremen Lager handelt“. Reiter: „In jedem Fall muss alles darangesetzt werden, die Brandstifter zu finden und zur Verantwortung zu ziehen.“

Auch die Polizeigewerkschaft DPolG geht von gezielter Brandstiftung aus. Darauf deuteten erste Ermittlungen hin, sagte Landesvorsitzender Jürgen Köhnlein. „Diese Tat trägt klare Züge einer terroristischen Straftat und stellt einen schwerwiegenden Angriff auf die demokratische Grundordnung dar.“

Linksextreme Täter – das wollte Polizeisprecher Thomas Schelshorn gestern nicht bestätigen. Der Staatsschutz ermittle jetzt. Noch in der Nacht hatten 50 Polizisten das Gelände rund um den Brandort an der etwas abgelegenen Polizeiinspektion der Diensthundestaffel abgesucht. Was das Ganze schwierig macht: Laut Polizei gibt es rund um den Brandort keine Videokameras. Auch die Lage des Stützpunktes macht die Ermittlungen nicht einfacher: Rundherum sind nur Wald oder Äcker. Die nächsten Häuser sind hunderte Meter weit entfernt. Der Zaun rund um die Diensthundestaffel ist zwei Meter hoch – wer da rüberwill, kommt da rüber.

Der Brandanschlag war nicht der erste Angriff auf Polizeiautos in München: Im Juni 2022 fackelten Unbekannte acht Polizeiwagen in der Hochstraße in der Au ab – kurz vorm G7-Gipfel in Elmau. Auch damals verdächtigte Innenminister Herrmann Linksextreme. Die Täter wurden nie gefunden. Dazu kommt: Seit 2023 gab es in München mehr als 30 Anschläge auf kritische Infrastruktur. Ob ein Zusammenhang zum Brand am Samstag besteht, ist unklar.

Laut Schelshorn ist die Einsatzfähigkeit der Polizeihundestaffel zwar beeinträchtigt – zu Ausfällen bei Streifen komme es aber nicht. Die Staffel werde aus anderen Verbänden mit Fahrzeugen unterstützt. OB Dieter Reiter bot Polizeipräsident Thomas Hampel an, ihm einige Fahrzeuge der Feuerwehr zur Überbrückung zu überlassen. „Wir in München halten zusammen gegen Chaoten jeglicher Richtung“, sagte der Oberbürgermeister.
THOMAS GAUTIER,

DANIELA POHL

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