Ist denn noch Platz da!?

von Redaktion

Der Kampf um die ständig schwindenden Parkflächen wird immer heftiger – Das sorgt für Frust in den Vierteln

Nutzt ungern das Auto: Marta O. aus dem Glockenbach.

Aus Landsberg ins Park-Chaos: Mia Kubiak.

Rollstuhlfahrer Rolf wird immer wieder zugeparkt.

Parkalltag in München: Ein Auto steht auf der Baaderstraße. © Yannick Thedens

In München herrscht Straßen-Kampf: überall Streit um die Parkplätze. Die Autofahrer wollen mehr. Fußgänger und Radler wollen weniger. Und jetzt müssen zehntausende Münchner um ihre Stellplätze bangen: Der Stadtrat entscheidet in zwei Wochen über die Abschaffung der Gehweg-Parkplätze – davon wären hunderte Straßen betroffen. Unsere Zeitung beschreibt Münchens dringendste Parkprobleme.

■ Gehweg-Parken

Seit Jahrzehnten stellen zehntausende Münchner ihre Autos mit zwei Reifen auf dem Gehweg ab. Jahrelange Gewohnheit – und jahrelang geduldet. Denn: Gehweg-Parker sind Wähler. Und die vergrault man ungern. Doch jetzt hat es das Mobilitätsreferat auf die illegale Parkpraxis abgesehen. Laut einem Stadtrat sind „rund 500 Straßen in München betroffen“. Geh weg, Gehweg-Parker!

In einer Vorlage legt das Mobilitätsreferat einen Knallhart-Plan vor, am 19. Februar entscheidet der Mobilitätsausschuss darüber. Das Abstellen der Autos halb auf dem Trottoir sei „nicht mehr zeitgemäß“ und werde von Polizei und KVR „faktisch geduldet“, heißt es. Die Reduzierung dieser Praxis sei „eines der wichtigsten Themen“. Das sehen auch Rentner mit Rollatoren so. Sie fühlen sich durch Autos auf dem Gehweg eingeengt – ebenso Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen. Die Zahl der Beschwerden steigt. 2024 gab es deshalb Anwohner-Ärger in Laim, Neuhausen und Pasing.

Das Mobilitätsreferat will die Gehwege per Drei-Punkte-Plan freimachen. Bei Beschwerden soll die Stadt erst mal Flyer verteilen – und so informieren, dass ein Gehweg-Parkverbot kommt. Nach einigen Wochen sollen Polizei und Kommunale Verkehrsüberwachung das Verbot kontrollieren und Bußgelder (55 bis 70 Euro) verteilen. Dritte Stufe: Halteverbote!

Auch bei Straßen, in denen es keine Beschwerden gibt, sollen Gehweg-Parker weg. Die Stadt soll solche Straßen „systematisch“ erfassen, kartieren – und dann „befreien“, so das Mobilitätsreferat. Es schlägt auch „bauliche Maßnahmen“ vor – vorstellbar sind Bügel aus Metall. Generell soll die Stadt neue Gehwegpark-Gebiete entweder gar nicht oder nur noch „in Ausnahmefällen“ erlauben. Zehntausenden Bürgern droht der Park-GAU. Im September 2024 erwischte es bereits die Bürger in der Rupertigau- und Möschenfeldstraße in Ramersdorf. Hier schaffte die Stadt die Gehwegparkplätze ab, weil die Müllabfuhr nicht mehr durch die enge Straße kam „und die verbleibenden Restgehwegbreiten teils unter 60 Zentimeter betrugen“, so die Behörde. Die Anwohner haben geteilte Meinungen: Krankenschwester Tamara Scapec (54) arbeitet oft nachts oder am Wochenende. „Nach der Schicht finde ich ewig keinen Parkplatz. Es war vorher schon schlimm – jetzt ist es eine Katastrophe.“ Rentner Gottfried Floßmann freut sich dagegen: „Früher kamen Fußgänger auf den Gehwegen nicht durch. Transporter und Krankenwagen steckten auf der Straße fest.“

Am 19. Februar entscheidet der Stadtrat, ob die Gehwege in ganz München freigeräumt werden. Einziger Haken: Die Fraktionen der SPD und der CSU sind gegen den Knallhart-Plan. Der wurde auf ihre Initiative hin schon zweimal vertagt. Ein Stadtrat droht: „Wenn die Vorlage so bleibt, werden sie sie nicht durchbekommen.“

■ Parklizenzgebiete

Freies Parken verschwindet nach und nach aus der Stadt. Gestern beschloss der Stadtrat acht neue Parklizenzgebiete: Wer dort künftig sein Auto abstellen will, braucht einen Anwohnerparkausweis (30 Euro) oder ein Ticket. Die neuen Gebiete sind in Mittersendling, am Mangfallplatz, Scharfreiterplatz, in Gern, in Pasing Süd und in Freiham – dazu wird das Bestandsgebiet Partnachplatz erweitert. Aktuell gibt es 76 solcher Gebiete in der Stadt, zusätzlich dazu die Altstadt, den Hauptbahnhof, den Domagkpark und die Messestadt Riem mit insgesamt circa 100 000 Parkplätzen.

Trotz der Lizenzgebiete ist der Parkdruck im Zentrum enorm hoch – Beispiel Glockenbach. Dort arbeitet Antonia Solms (62) in einem Deko-Laden – ihr Auto bleibt in Schwabing. „Da parke ich an der Straße in der Nähe meiner Wohnung“, sagt sie. Die Münchnerin Marta O. (42) wohnt im Glockenbach – und verzichtet ganz aufs Auto.

Richtig schwer hat es Rollstuhlfahrer Rolf (69): „Ich habe eine Tiefgarage, aber es nervt, dass Autofahrer regelmäßig meine Einfahrt zuparken.“ Das seien vor allem Auswärtige. Er beobachtet häufiger, dass Leute mehrmals um den Block fahren, um nach Parkplätzen zu suchen. „Wenn man keine Parklizenz hat, wird’s schwer. Und den Parkplatz vor der Haustür gibt’s sowieso nicht.“

Den passenden Parkplatz suchte gestern auch Mia Kubiak (21) aus Landsberg – gleich in drei Runden zwischen Englischem Garten und Glockenbachviertel. Nach langer Suche hat sie dann doch noch ein Fleckerl gefunden, an der Straße. „Auf den Preis auf dem Parkticket schaue ich nicht – da mache ich die Augen zu!“

■ Radwege statt Parkplätze

Seit dem Radentscheid lässt die grün-rote Stadtregierung eine Straße nach der anderen umbauen – und das kommt nicht immer gut an, vor allem bei Autofahrern: 2019 fielen 120 Parkplätze in der Fraunhoferstraße weg. In der Rheinstraße in Schwabing verschwanden 90 Parkplätze. In der Boschetsrieder Straße müssen 160 von 269 Stellplätzen einem Radweg weichen. In der Lindwurmstraße verschwinden weitere 160. In der Altstadt soll’s weitergehen: Dort will der Stadtrat die Parkplätze stufenweise zurückbauen.
THOMAS GAUTIER,

ANTONIA BENZ

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