MÜNCHNER FREIHEIT

Jetzt geht’s um die Wurst!

von Redaktion

Für den Ex-Bürgermeister der kroatischen Kleinstadt Zupanja geht’s sprichwörtlich um die Wurst: Gegen das frühere Stadtoberhaupt wird wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder ermittelt. Er soll über den Zeitraum von drei Jahren satte 1,5 Tonnen der in Kroatien beliebten Wurst Kulen gekauft haben – mit öffentlichen Geldern. Gelandet ist die Wurst dann offenbar bei Ministerien und Behörden – so jedenfalls der Verdacht.

Das ist doch mal was Neues. Keine Skandale um schwarze Koffer wie anno dazumal bei der CDU-Spendenaffäre. Keine Aufregung um Großspenden an Parteien am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums wie aktuell. Am ehesten sind wir noch bei den 90er-Jahre-Amigos des früheren CSU-Ministerpräsidenten Max Streibl. Denn zum klassischen bayerischen Geschenkkorb für gute Freunde (oder eben Amigos) gehört schon immer auch eine g‘scheide Wurst. Wohl bekomm’s.

Apropos „wohl bekomm’s“: Kulen hab ich zwar selbst noch nicht probiert, klingt aber so, als ob’s meinen Geschmack treffen könnte. Eine mit Pfeffer, viel rotem Paprika und Knoblauch gewürzte Rohwurst. Im Internet heißt’s außerdem, charakteristisch sei die tiefrote Farbe. Rot, eine regionale Wurst und eine politische Affäre – da drängt sich doch ein Gedankenspiel fast schon auf. Und zwar ein lokales.

Wenn der kroatische Ex-Bürgermeister tatsächlich getan hat, was ihm vorgeworfen wird, dann wäre das ja ungefähr so, als wenn Münchens OB Dieter Reiter mit Steuergeldern 1,5 Tonnen Weißwürste kaufen würde, um sie an die Ministerien und Behörden in der Landeshauptstadt weiterzugeben. Noch mal: 1,5 Tonnen! Das sind mehr als 15 000 Würste! Sowohl bei Kulen als auch bei der Weißwurst, die wiegen nämlich pro Stück ungefähr gleich viel. So knapp an die 100 Gramm.

Ob man da dann wirklich von Bestechung sprechen könnte? Bis auf wenige Ausnahmen – das sind die, denen man auf Bairisch „an Saumong“, also einen Saumagen, nachsagt – zwingt doch kaum ein Normalsterblicher mehr als drei Weißwürst. Also mir jedenfalls wird’s ab der vierten regelmäßig schlecht. Und selbst wenn man nur drei Würste isst, könnte man mit 15 000 Weißwürsten in drei Jahren rein rechnerisch 4,5 Menschen mit drei Würsten versorgen. Und zwar täglich! Also selbst wenn das die Siegerwurst der berühmten Münchner Weißwurstprüfung ist: Da hört auch die beste Freundschaft – oder soll ich sagen: Amigoschaft? – mal auf.

Wenn Sie sich vor lauter Würsten jetzt fragen sollten, ob es um Kulen auch die berühmte Regel gibt, dass Sie – wie die Weißwurst – das Zwölf-Uhr-Läuten nicht hören darf: Das weiß ich nicht. Is mir aber a wurscht.