Schluss mit lustig!

von Redaktion

Faschings-Absage der Stadt: Narren und Wirte sind sauer

Die Stadt hat das fröhliche Treiben wie auf dem Viktualienmarkt abgesagt. © Jens Hartmann

Lange Gesichter bei Münchens Fasching-Fans. © Anja Stölken/Panthermedia

Der Fasching im Herzen Münchens ist gestrichen – die Stadt hat die Feierlichkeiten in der Fußgängerzone und auf dem Viktualienmarkt abgesagt. Grund: der Auto-Anschlag in der Seidlstraße mit zwei Toten und 39 Verletzten. Die Faschingsvereine können die Absage der Stadtspitze nachvollziehen. Schließlich sind vor allem Stadt-Mitarbeiter vom Attentat betroffen. Das Fest-Verbot finden viele Narren trotzdem narrisch.

Marco Stohr, Sprecher der Interessensgemeinschaft Viktualienmarkt, hätte den Tanz der Marktweiber am 4. März und den Unsinnigen Donnerstag am 27. Februar trotz der furchtbaren Ereignisse lieber nicht abgesagt. „Wir Marktkaufleute verstehen den Oberbürgermeister total und können seine Entscheidung nachvollziehen. Dennoch finden wir die Absage sehr schade. Wir sollten uns nicht einschüchtern lassen von Terroristen.“ Stohr betont: „Mit dem entgangenen Umsatz hat das nichts zu tun! Gerade zu Zeiten von Grabenkämpfen zur Bundestagswahl und schweren wirtschaftlichen Zeiten sollte der Fasching den Leuten Freude schenken. Darum geht es uns.“

Frank Grauel, Präsident der Faschingsgesellschaft Feringa, findet die spontane Absage „nicht nachvollziehbar“– und kritisiert die Stadtspitze um OB Dieter Reiter (SPD) scharf. Grauel: „Wir sind stark von der Absage des Faschings betroffen. Wir wären am Weiberfasching auf dem Viktualienmarkt am 27. Februar dabei gewesen, beim Zug der Damischen Ritter an diesem Sonntag und danach bei der Feier auf dem Marienplatz.“ Er fühlt sich von der Stadt übergangen: „Wir Faschingsgesellschaften schauen, dass wir den Fasching voranbringen, alles rein ehrenamtlich. Und dann wird alles sukzessive abgesagt, ohne dass man mit uns redet. Wir haben für zwei Züge eine Tonne Süßigkeiten gekauft. Auf der Hälfte bleiben wir jetzt nach der Absage sitzen. Das wurde vom Rathaus von oben herab entschieden. So tritt man das Ehrenamt mit Füßen.“

Grauel stellt klar: „Natürlich ist es sehr schlimm, was passiert ist. Doch wir hatten in mehreren Gesellschaften während der Vorbereitung auch drei Todesfälle. Und machen trotzdem weiter, denn die Welt dreht sich weiter. Außerhalb von München läuft der Fasching ebenso ganz normal, nur in der Stadt selbst soll alles stillstehen.“

Auch im Stadtrat gibt es kritische Stimmen: CSU-Stadtrat Tom Schmid schrieb auf Instagram: „Beileibe bin ich kein Faschingsrecke, aber dass der Oberbürgermeister und eine Handvoll Auserwählter den kompletten Münchner Fasching abgesagt haben, finde ich falsch. Pietät und respektvoller Umgang mit den Opfern und den Angehörigen der Opfer des schrecklichen Attentats von München ist mehr als angebracht, dennoch dürfen wir meiner Meinung nach nicht in die Knie vor den Attentätern gehen. Sie wollen Angst und Schrecken in unser gesellschaftliches Leben säen – das darf nicht gelingen.“

Narrhalla und Damische Ritter stehen dagegen hinter der Entscheidung der Stadt. Damische-Ritter-Sprecher Alexander Filz sagte, „es gibt in dieser Situation kein Richtig und kein Falsch“. Filz weiter: „Natürlich sollte man nach einer wichtigen und richtigen Trauerphase wieder zurückkehren zur Normalität. Das machen, was uns guttut – miteinander lustig sein und die Gemeinschaft feiern.“ Er verstehe jeden Faschingsverein, der sauer über die Absage ist. „Denn hinter jeder Faschingsveranstaltung steckt ja wochenlanges ehrenamtliches Engagement.“ Aber noch sei es zu früh für ein Ende der Trauer. „Mir geht der Anschlag wahnsinnig nah“, sagt Filz. Er arbeitet auch bei der Stadt – genau wie die getötete Ingenieurin Amel (37). Sebastian Kriesel von der Narrhalla stimmt ihm zu: „Ich glaube, dass die Absage richtig war.“
R. MITTERMEIER, T. GAUTIER

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