Amelie Breer und das Prinzenpaar der Narrhalla.
Anleitung zum Weißwurst-Verzehr gibt Ludwig Wallner.
Ganz schön ungewohnt: die Kölnerin im Unterricht von Bairisch-Lehrer Helmut Ettenhuber.
Prost: Günter Brückl und Amelie Breer stoßen im Hofbräuhaus an. © Thedens, Götzfried (3)
Ich muss Ihnen etwas gestehen, liebe Leser. Ich, Amelie Breer (22), bin frisch aus Köln angereist – und berichte hier über den Münchner Fasching. Eine jecke Idee? Ich weiß es nicht. Jedenfalls haben mir echte Münchner einige Lektionen über Sprache und Brauchtum in Bayern erteilt. Ich habe der Stadt kulinarisch und kulturell in vier Stationen auf den Zahn gefühlt.
1. München Alaaf – oder wie auch immer das im Fasching heißt. Um niemandem auf die Füße zu treten, begrüße ich das Prinzenpaar Christian IV. (Christian Deussen, 48) und Michalea II. (Michaela Hämmerle, 37) mit einem einfachen Guten Tag. Zum Kölner Dreigestirn, den höchsten Repräsentanten des Kölner Karnevals, gehört noch ein Bauer. Von dem ist keine Spur, als wir in den Aufzug im Bayerischen Hof steigen. In Köln hat der Bauer Tradition. Er geht auf eine historische Figur zurück und steht für die Wehrhaftigkeit Kölns. Statt den historisch angehauchten klassischen Ornaten des Dreigestirns „in Rut und Wiess“ gibt es in München in diesem Jahr einen Anzug in Blau mit Hut und Feder und ein blaues Ballkleid. Ich stelle fest: Trotz Unterschieden ist den Münchnern und Kölnern Faschingsvertretern eines gemein: Sie wollen den Menschen eine Freude machen.
2. Ein Bier im Hofbräuhaus trinken, ein Traum von mir – den ich mir am liebsten mit meinem Lieblingsbier, Kölsch, erfüllt hätte. Aber klar, dem Hofbräuhaus ist sein eigenes Bier heilig. Und ich bin flexibel – und natürlich auch neugierig auf den hochgelobten Gerstensaft. Zwölf Kölsch-Gläser (0,2 Liter) habe ich natürlich trotzdem im Gepäck. Ich bin verabredet mit dem Stammtisch „Herzog Wilhelm V.“. Drei ältere Herren in Tracht gekleidet begrüßen mich. In Tracht ein Bier mit Freunden trinken? Ein Kulturschock für mich! Als ich die Gläser aus meiner Tasche ziehe, sind alle begeistert: „Das Bier hat Nachwuchs!“, ruft Claus Strubel (70). Ein paar Schlucke aus meiner Maß sind schnell ins Kölsch-Glas umgefüllt. Schmeckt nach Heimat! Bayerisches Bier aus dem Kölsch-Glas geht gut, so ist es auch länger frisch und kühl als in der Maß. Ich freue mich, dass allen mein Kölsch schmeckt. Einig sind sie sich trotzdem: „Aus solchen Gläsern trinkt man hier nur Schnaps.“
3. Weißwurst zum Frühstück? Ob das schmeckt, teste ich in der Gaststätte am Großmarkt. Chef und Wirtsmetzger Ludwig Wallner (56) lacht nur, als ich ihn vorwarne, dass ich Kölnerin bin, und sagt: „Das macht ja nichts.“ Er ist zuversichtlich, dass auch ich lernen kann, eine Weißwurst richtig zu essen. Es gibt drei Arten: das „Zuzeln“, die Kreuzmethode und die einfachste, die Wurst erst mal zu halbieren. Ich entscheide mich für letzteres. Wallner macht es mir vor, zuerst die Wurst halbieren und noch einmal längs schneiden. Dann mit der Gabel die Wurst festhalten, während man die Haut mit dem Messer abzieht. Zuletzt in süßen Senf dippen und dann genießen. Schmeckt! Als ich Wallner frage, wie er reagieren würde, wenn ein Gast nach Ketchup fragt, nimmt er es mit Humor. „Es gibt Leute, die essen Weißwurst sogar mit scharfem Senf, das kann jeder so entscheiden, wie er mag.“
4. Kreuzbirnbamhollaschdaun – was soll das denn heißen? Um Licht in das Dunkel zu bringen, habe ich mich mit Helmut Ettenhuber getroffen. Er ist seit über 50 Jahren Sprachlehrer an der Volkshochschule in München und gibt Bairisch-Kurse. Ich als Rheinländerin habe es besonders schwer, erklärt mir Ettenhuber: „Ihr habt das dunkle L. Das haben wir nicht, weil wir es meistens hinauszaubern.“ Im Bairischen wird das L vokalisiert, das heißt, es verschwindet in der Aussprache. Aus „Viel zu viel Gefühl“ wird „vui zvui gfui“. Ettenhuber spricht das locker runter, ich tue mich da schon schwerer, das dunkle L eben. Ebenso schwer für mich ist das fürs Bairisch typische rollende R. „Bairisch und Rheinländisch sind nicht einmal Geschwister, so unterschiedlich wie sie sind, eher Cousins“, erklärt mir Ettenhuber und lacht.
Das trifft es ganz gut, wie ich finde. Mit München kann ich mich gut anfreunden. Vieles ist sogar ähnlich wie in Köln, vor allem was die Liebe der Bewohner zu ihrer Stadt betrifft. Mein Herz schlägt aber natürlich für Köln. Alaaf!
AMELIE BREER