Lange Gesichter bei den Münchner Genossen.
Zwischen Hoffen und Bangen: Die Grünen bei ihrer Wahlparty in der Freiheitshalle. © Yannick Thedens, Markus Götzfried
Freude bei der CSU: Hans und Christine Theiss bei der Wahlparty. Hans Theiss gewann den Wahlkreis im Münchner Norden. © Jens Hartmann
Hans Theiss hatte einen entspannten Tag. Langer Spaziergang, Pixar-Film mit der Tochter (8) – und ein Wahlsieg! Der CSU-Kandidat gewann im Münchner Norden mit 32,4 Prozent gegen den Grünen Frederik Ostermeier (24,3 Prozent). Klarer Sieg – für die ganze CSU!
München sieht also schwarz: Alle Wahlkreise gewonnen, sogar den im Süden. Dort läuft lange ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Jamila Schäfer (Grüne) und CSU-Kandidatin Claudia Küng. Am Ende setzte sich die schwarze Pflege-Fachfrau mit 30,4 Prozent haarscharf gegen Schäfer (29,8 Prozent) durch und verhinderte so den einzigen grünen Wahlkreis in Bayern. Küng Kong!
Im Osten und Westen nichts Neues: Wolfgang Stefinger verteidigt München-Ost mit 36,3 Prozent vor Andre Herrmann (Grüne, 24,2 Prozent). CSU-Mann Stephan Pilsinger (34,7 Prozent) gewinnt vor dem Grünen Dieter Janecek (28,9 Prozent).
Auch bei den Zweitstimmen siegt die CSU mit 29,4 Prozent – 5,6 Prozent mehr als 2021. Zweiter werden die Grünen mit 23,5 Prozent (2021: 26,1 Prozent). Abgeschlagener Dritter die SPD mit 15,4 Prozent (2021: 19 Prozent). FDP: 6,1 Prozent (2021: 13,7 Prozent). AfD (9,3 Prozent) und Linke (8,9 Prozent) verdoppeln ihr Ergebnis.
CSU-München-Chef Georg Eisenreich bilanziert zufrieden: „Wir haben beide Wahlziele erreicht: Mit rund sechs Prozent Vorsprung stärkste Kraft – und alle vier Wahlkreise gewonnen. Eine gute Ausgangslage für die Kommunalwahl.“
Ob alle Münchner Kandidaten in den Bundestag einziehen, ist derweil nicht sicher– wegen des neuen Wahlrechts.
Bei den Grünen in der Freiheitshalle gibt’s hingegen nur verhaltenen Applaus und zaghaftes Nicken – wahre Freudenstürme blieben bei der Wahlparty in der Freiheitshalle an der Donnersberger Brücke aus, als die ersten Prognosen über die Leinwand flimmern. Die Partei blieb in München hinter ihrem Ergebnis der vergangenen Bundestagswahl zurück. Und nur Jamila Schäfer, die für die Grünen im Münchener Süden ins Rennen ging, sorgte, wie oben erwähnt, für einen Krimi. Für die anderen Direktkandidaten in München der Grünen sah es ohnehin schwarz aus – keiner konnte sich gegen die Konkurrenz durchsetzen: „Dass wir Stimmen verloren haben, ist bitter“, sagt Direktkandidat André Hermann. Er führt das schwächere Abschneiden seiner Partei darauf zurück, dass Kernthemen der Grünen wie Klimaschutz im Wahlkampf eine untergeordnete Rolle gespielt haben.
Gedrückte Stimmung bei der Wahlparty der Münchner SPD. „Wir müssen sagen: Wir haben diese Bundestagswahl verloren.“ Bayern-SPD-Chefin Ronja Endres fand bei der SPD-Wahlparty in München klare Worte. Die Kandidaten und vielen Helfer hätten zwar einen guten Wahlkampf gemacht, betonten alle. „Aber einen Wahlkampf gegen die Stimmung im Land zu machen, ist schwierig“, sagte Generalsekretärin Ruth Müller. Woran hat’s gelegen? „Die Außenwirkung der Regierung war eine Katastrophe“, erklärte Sebastian Roloff.
Er wird künftig der einzige Münchner SPD-Abgeordnete im Bundestag sein. „Wir hätten unsere Themen mehr auf die bayerische Perspektive herunterbrechen müssen“, sagte er. Es sei richtig gewesen, mit Olaf Scholz ins Rennen zu gehen – auch, wenn seine „Beliebtheitswerte ein Teil des Problems“ seien. „Unnahbar und schwer zu vermitteln“, sei Scholz gewesen, fand auch Seija Knorr-Köning. Sie und die anderen Münchner SPD-Kandidaten Philippa Sigl-Glöckner und David Rausch ziehen nicht ins Parlament ein.
OB Dieter Reiter war gar nicht erst zu der Party gekommen. Er fordert eine interne Aufarbeitung. „Das Ergebnis ist leider nicht überraschend. Gerade für die SPD als Regierungs- und sogar Kanzlerpartei ist es desaströs“, sagte er. Reiter wagte den Blick voraus. „Allgemeinplätze helfen hier nicht weiter – bis zur Kommunalwahl 2026 darf und wird es kein ,weiter so‘ geben.“ In keiner Hinsicht – dafür werde er sorgen.
THOMAS GAUTIER,
JULIAN LIMMER,
CLAUDIA SCHURI