Die wirre Welt des Amok-Schützen

von Redaktion

Antisemitischer Anschlag am Karolinenplatz – Ermittler ziehen Bilanz

Emra I. (18, o.) versetzte ganz München in Schrecken. Er war mit dem Auto seiner Mutter aus Österreich gekommen (Foto unten). © privat

Ein Mitarbeiter des LKA zeigt die Tatwaffe, ein Repetiergewehr aus dem Jahr 1936 aus Schweizer Armeebeständen. © Tobias Hase/dpa, LUKAS BARTH-TUTTAS/AFP

Der Angreifer irrte durch München – und feuerte seine Schüsse auf das israelische Generalkonsulat ab. © privat

Zwölf Minuten dauerte der Anschlag. Elf Schüsse feuerte der Attentäter auf das NS-Dokumentationszentrum, das israelische Generalkonsulat und zwei weitere Gebäude am Karolinenplatz ab, bis ihn die Polizei mit einigen Schüssen stoppte. Diese Tat, die ganz München erschütterte, liegt mittlerweile mehr als sechs Monate zurück. Der Amok-Schütze war Emra I., ein 18 Jahre alter Österreicher. Körperlich verletzt hat er niemanden, ein Polizist erlitt allerdings ein Knalltrauma. Vor allem aber haben mehrere Menschen mit psychischen Folgen zu kämpfen, die den Täter trafen oder sahen beziehungsweise die Schüsse hörten. Das alles war Thema am Freitag: Da gab das Landeskriminalamt die Ermittlungsergebnisse bekannt und erklärte Details zum Täter, seinem Motiv und seiner Waffe.

Der Anschlag vom 5. September 2024 war den Ermittlern zufolge terroristisch motiviert. Die Tat sei israelfeindlich gewesen, islamistische Beweggründe hätten hingegen „eine untergeordnete Rolle gespielt“, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann. „Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen hat es nicht gegeben.“

Der Täter sei ein sozial isolierter Einzelgänger mit unreifer Persönlichkeit gewesen, der außerhalb der Familie nahezu keine sozialen Kontakte gehabt habe, sagte Tilmann weiter. Er sei in Schule und Ausbildung gescheitert und habe weder im echten Leben noch im Internet soziale Kontakte gehabt. Dafür habe er seinen muslimischen Glauben streng gelebt – mit zwanghafter Ausführung von rituellen Waschungen und Gebeten. Er habe als Muslim das Gefühl gehabt, andauernd benachteiligt zu sein. Der Beginn des Gaza-Krieges im Oktober 2023 sei „wie ein Katalysator“ für seinen Hass auf Israel gewesen, sagte Tilmann weiter.

Dann der Horror: Am 5. September fuhr Emra I. aus Neumarkt am Wallersee los nach München. „Das Tat-Ziel gab er am Morgen der Tat in Google Maps ein“, sagt Tilmann. „Ob er eventuell auch ein anderes mögliches Ziel, wie die israelische Botschaft in Wien, im Auge hatte, wissen wir nicht.“ Es gebe keine Anhaltspunkte, dass der Jahrestag des Münchner Olympia-Attentats eine Rolle für den Täter spielte. Auf den Tag genau vor 52 Jahren hatten Mitglieder einer palästinensischen Terrororganisation elf israelische Athleten als Geiseln genommen.

Der Schütze hatte nach LKA-Erkenntnissen ab Juli 2024 mehrfach erfolglos versucht, Waffen zu kaufen. Einen Tag vor der Tat erwarb der 18-Jährige in Österreich das Repetiergewehr (Baujahr 1936) aus ehemaligen Schweizer Armeebeständen. Der Verkauf einer solchen Waffe ist in Österreich legal. Der Verkäufer habe nicht gewusst, dass gegen den Täter ein Waffenbesitzverbot bestanden hatte.
GABRIELE WINTER

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