Ansturm auf Apartment

von Redaktion

Vermieterin: „396 Menschen wollen meine Wohnung“

Die schmucke Dachgeschosswohnung liegt in ruhigem Umfeld in Sendling-Westpark. © Yannick Thedens (2)

Therese Kerner will ihre Wohnung über ein Immo-Portal vermieten: Der große Andrang an Bewerbern überrascht sie.

Sie ist 51 Quadratmeter groß, kostet 970 Euro kalt – und 396 Menschen wollen sie haben. Therese Kerner (80) kann sich vor Anfragen auf ihr Wohnungsinserat auf einer bekannten Online-Wohnungsbörse kaum retten. Und jeden Tag werden es mehr Bewerber. Schon nach wenigen Stunden waren es bereits rund 150 Anfragen, nach einigen Tagen mittlerweile 396. Mit so einem hohen Interesse hat sie nicht gerechnet: „Das hat mich echt überwältigt“, sagt die Vermieterin. Im wahrsten Sinne des Wortes – sie wusste erstmal gar nicht, wie sie auswählen soll. Die andere Seite des Münchner Wohn-Wahnsinns.

Die Wohnung von Kerner liegt in einer ruhigen Wohngegend nahe dem Waldfriedhof (Sendling-Westpark). Viele Einfamilienhäuser, große Gärten und dicke Bäume. Die 80-Jährige betritt die Räume: zwei Zimmer, Dachschräge, offene Küche, kleiner Balkon und große Fenster. „Eine charmante Dachwohnung mit Blick aufs Grüne“, wie Kerner selbst sagt. Errichtet vor rund 20 Jahren, als ihre Familie das Haus ausbauen ließ.

Was Kerner wundert, ist die große Bandbreite der Interessenten – vom Kellner bis zum Arzt ist alles dabei. „Manche schreiben richtige Bewerbungen, teils sehr hochwertig“, sagt sie. Neben Nettoeinkommen und Schufa-Auskunft geben einige vieles über sich preis: Ein Bewerber schreibt, dass er mit seiner Katze einziehen wolle – diese sei „lieb, faul und schläft gern“. Ein anderer berichtet von seinem handwerklichen Geschick. Beim Verdienst reicht das Einkommen oftmals bis 4000 Euro netto im Monat.

„Für mich ist es schwer, eine Auswahl zu treffen“, sagt Kerner. Ein Luxusproblem – aber in München keine Seltenheit. Die Nachfrage übersteigt das Angebot massiv: Derzeit fehlen in der Stadt laut Pestel-Institut rund 10 500 Wohnungen. Gleichzeitig hakt es gravierend beim Neubau. So wurden in München vergangenes Jahr gerade einmal 6500 Wohnungen gebaut, 30 Prozent weniger als im Vorjahr. Der niedrigste Wert seit rund zehn Jahren. Und dieses Ungleichgewicht nutzen manche Vermieter aus: So werden für ähnlich große Mietwohnungen wie die von Therese Kerner auf demselben Portal teils 1500 Euro kalt aufgerufen. „Da liegt unsere Wohnung noch ziemlich im Rahmen“, findet sie. Die ersten Bewerber hat sie bereits zur Besichtigung eingeladen – bald will sie eine Auswahl treffen. Kein leichtes Unterfangen.
JULIAN LIMMER

Artikel 6 von 10