Betroffene von sexuellem Missbrauch haben eine Petition an Doris Rauscher (SPD/2.v.l.) und Thomas Huber (CSU/3.v.r.) für eine bayernweite Aufarbeitung überreicht. © Oliver Bodmer
München – Auf diesen Termin hat Walter Müller (67) lange gewartet: Er gehörte gestern zu den rund 30 Vertretern von Missbrauchsbetroffenen, die eine Petition an den Landtag für einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen an die Vorsitzenden des Sozialausschusses eingereicht haben.
Müller, der stellvertretender Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum Bamberg ist, wurde selber im Alter von sechs bis zehn Jahren als Ministrant von einem Pfarrer missbraucht. „Es braucht eine zentrale Stelle für Bayern, an die sich Betroffene wenden können“, sagte er. In Mittelfranken sei er von einer Stelle zur anderen verwiesen worden.
Dass der Freistaat eine unabhängige staatliche, wissenschaftlich begleitete Aufarbeitungskommission, einen Betroffenenrat und einen Landesbeauftragten für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs einsetzt, ist die zentrale Forderung der Petition, die an Sozialausschuss-Vorsitzende Doris Rauscher (SPD) und ihren Stellvertreter Thomas Huber (CSU) übergeben wurde. „Der Staat soll endlich in die Verantwortung genommen werden. Die Aufklärung von Missbrauch darf nicht den sogenannten Täterorganisationen überlassen werden“, erklärte Richard Kick, Sprecher des Betroffenenbeirats der Münchner Erzdiözese.
Huber (CSU) signalisierte Verständnis für die Petition: „Ich kann das Anliegen absolut nachvollziehen. Ich bin sehr offen gegenüber dieser Petition, die ein ganz wichtiges Signal aussendet: Nämlich wie ein Staat mit betroffenen Menschen umgeht.“ Es sei eine Konsequenz aus der Bayerischen Verfassung, dass der Staat seinem Wächteramt gerecht werden müsse.
Huber hofft, dass die Petition noch vor der Sommerpause im Sozialausschuss beraten werden kann. Es werde dann genau geprüft, welche Hilfsmöglichkeiten in Bayern und im Bund bereits existierten, „welche Lücken gibt es noch und wie können wir sie im Sinne der Betroffenen bestmöglich schließen.“ Als betroffenes Opfer würde er sich auch schwertun, an eine Stelle gehen zu müssen, die letztlich mit diesen Verfehlungen in der Vergangenheit zu tun hatte.
Zunächst wird die Petition nun aber dem Sozialministerium zugeleitet, das eine entsprechende „Stellungnahme der Staatsregierung“ formuliert. Ausschuss-Vorsitzende Rauscher erklärte, sie werde das Anliegen nicht nur als Ausschuss-Vorsitzende, sondern auch für ihre Fraktion als positiv bewerten. „Wir fordern seit Jahren einen Missbrauchsbeauftragten in Bayern und eine Aufarbeitungskommission auf Landesebene.“ An den Finanzen dürfe es auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht scheitern.
CLAUDIA MÖLLERS