Wendepunkt in den Mordermittlungen: 2022 wurden die Überreste von Sonja Engelbrecht gefunden. © DPA/Kneffel
Schauplatz des Verbrechens: Im Wald bei Kipfenberg tauchten plötzlich Knochen auf. Woher kannte der Täter den Ort?
Wurde ermordet: Sonja Engelbrecht © Westermann/Archiv
Führt sie zum Mörder? Polizeisprecher Werner Kraus (l.) und K11-Chef Armin Ritterswürden zeigen ein Vergleichsstück der tatrelevanten Decke. © Hartmann, DPA
Drei Jahrzehnte Polizeiarbeit, 827 Spuren, 512 Hinweise – aber kein einziger Tatverdächtiger! Auch genau 30 Jahre nach ihrem Verschwinden gibt es auf die Frage, was Sonja Engelbrecht in der Nacht zum 11. April 1995 zugestoßen ist, keine Antwort. Für die Mordkommission bleibt das an ihr verübte Verbrechen einer der bekanntesten Fälle, der nie zu den Akten gelegt wurde. Am Freitag, also direkt am Jahrestag, fährt das Team von Chef-Ermittler Mathias Heidtmann erneut nach Kipfenberg. Dort, nördlich von Ingolstadt, wurden die sterblichen Überreste der Münchnerin gefunden. Hier geht die Arbeit der Polizei weiter.
Aktuell wird ein neues Fahndungsplakat in dem Ort im Landkreis Eichstätt aufgehängt. Und erneut auf die 10 000 Euro Belohnung hingewiesen, die es für Hinweise gibt, die zur Aufklärung des Falls führen. Außerdem steht Ermittlungsarbeit an, wie Heidtmann erklärt. Heißt konkret: Personen, die bislang nicht – wie aufgefordert – eine DNA-Probe abgegeben haben, werden befragt. 2023 und 2024 wurden insgesamt rund 130 Speicheltests in Kipfenberg veranlasst, nachdem dort die Knochen von Sonja Engelbrecht in einer abgelegenen Felsspalte im Wald aufgetaucht waren. „Dort geht man nicht einfach so vorbei“, sagt Armin Ritterswürden, Chef der Mordkommission, zu der Fundstelle. Die Polizei schließt daraus, dass der Täter Ortskenntnis hatte. Die nackte Leiche wickelte er in Malerplanen ein, verschnürte dann alles mit Klebeband – auf beidem fand die Polizei Farbreste. Entdeckt wurde aber auch tatrelevantes DNA-Material des Täters. „Damit können wir Personen ausschließen“, erklärt der Chef des Kommissariats 11 mit Blick auf die Massentests.
Wichtig ist für die Ermittler vor allem auch die Decke, die mit dem verschnürten Paket in der Felsspalte gelandet ist. Das kitschige Motiv in Blau und Schwarz zeigt ein Liebespaar (siehe Foto). Das Problem an der Decke: „Dabei hat es sich um Massenware gehandelt“, sagt Heidtmann. Billig produziert in Ägypten, dann von einer Firma aus dem Ruhrgebiet verkauft. Die Ermittler setzen trotzdem Hoffnung darauf, dass sich jemand erinnert: Wer besaß vor 30 Jahren eine solche Decke? Hinweise können unter 089/29100 gegeben werden.
Die rechtsmedizinischen Untersuchungen an den Überresten von Sonja Engelbrecht sind laut Ritterswürden „weitgehend abgeschlossen“. Wann sie freigegeben werden, kann er aber nicht sagen. „Wir sind in Absprache mit der Staatsanwaltschaft.“ Auf ein baldiges Ergebnis hofft die Mutter von Sonja Engelbrecht, die im Gespräch mit unserer Zeitung vor allem einen Wunsch geäußert hat: Endlich ihre Tochter beerdigen zu können.
NADJA HOFFMANN