Nun ist es wieder so weit. 1. Mai. Feiertag. Sonnenschein. Gefolgt von einem Fenstertag mit Sonnenschein. Am Wochenende wird das Wetter auch ausflugstauglich schön. Viele sind irgendwo rund um München beim Maibaum-Aufstellen, und andere zieht es in die Berge. Somit höchste Alarmbereitschaft für die Münchner Bergwacht. Münchner Bergwacht, darunter konnte ich mir gar nix vorstellen. Bergwachten gehören doch nahe an den Berg. „Münchner Hausberge“ – das waren für mich bis jetzt der Perlacher Mugl mit 26 Meter Höhe und der wesentlich höhere Olympiaberg mit 60 Metern. Für diese Zwergerl-Bergerl braucht es doch wirklich keine Bergwacht, oder? Die zu bewachenden „Münchner Hausberge“ sind aber ganz andere, die wirklich hohen, wie Spitzingsee, Sudelfeld, Brauneck und Garmisch. Dazu kommt auch noch die „Tiefe“, nämlich die ganzen bayerischen Höhlen.
Die Bergwacht München hat den Zielkonflikt zwischen Bewahrung der Natur und ihrer Nutzung durch den Menschen bereits 1920 pragmatisch in dem Leitsatz „Wir schützen den Berg vor dem Menschen und den Menschen vor dem Berg“ umrissen. Vielleicht müsste man auch den einen oder anderen Wanderer vor sich selbst schützen. Vielmehr vor ihrem Übermut oder ihrer gnadenlosen Selbstüberschätzung. Jetzt, wo doch jeder ein Smartphone hat, es kaum aus der Hand gelegt wird und alles Wissenswerte sofort gegoogelt wird. Wie kann es da sein, dass Menschen immer noch vom Wetter überrascht werden? Wenn ich im Tal stehe, sagen wir mal, bei angenehmen 20 Grad und zum schneebedeckten Gipfel hinaufschaue, dann könnte mir bei der Gelegenheit doch in den Sinn kommen, dass es dort oben wesentlich kälter ist und auf dem Weg dorthin auch noch Schnee liegen könnte. Dementsprechend ziehe ich mich dann auch an. Pulli über T-Shirt, Bergschuhe, Jacke im Rucksack, was zu trinken, bissl was zu essen, falls die angesteuerte Hütte aus irgendeinem Grund doch nicht geöffnet haben sollte. So „sicher“ stapfe ich los.
Dabei kann es passieren, dass ich in sehr schnellem Tempo, mit lautem Hallo von einer kurzbehosten, Klapperl oder Segeltuchschuhe tragenden Gruppe überholt werde. Da komme ich mir schon ein bisschen albern vor, wie so eine überfürsorgliche Mutti, damit mir bei der Wanderung auch ja nix passiert. Ich mache langsam und genieße zwischendurch immer wieder die gute Luft und den sensationellen Ausblick vom bestens positionierten Bankerl. An der Hütte angekommen, die Gott sei Dank geöffnet hat, bleibe ich länger sitzen. Der Himmel zieht zu. Die Klapperl-Truppe ist nirgends zu sehen. Zwei Stunden später schon. Da werden sie von der Bergwacht zur Hütte „geleitet“. Sehr verfroren ausgesprochen, sehr kleinlaut. Dankbar für die Suppe, die sie wieder zu Kräften kommen lässt. Dankbar für geliehene Socken. Auch das ist Bergwacht, die ich an dem Tag wieder einmal mehr bewundere, weil sie ehrenamtlich – ohne jegliche Bezahlung – für andere Menschen sowohl ihre Freizeit geopfert als auch ihre eigene Gesundheit riskiert haben. Also erst denken und dann wandern – passend zur Mai-Andacht!