MÜNCHNER FREIHEIT

Es geht um die nackte Wurst

von Redaktion

Wer „Wurst“ und „Gericht“ in einem Satz sagt, denkt eher an eine Speisekarte denn an strenge Juristen. Aber mich hat vor ein paar Tagen ein Bericht aufgerüttelt, bei dem tatsächlich die Wurst vor dem Richter stand. Und das nicht zum ersten Mal. Das Thema zieht sich mittlerweile schon seit 2019 durch einige Instanzen. Diesmal stand sie vor dem hohen Haus des Bundesverwaltungsgerichts. Es drehte sich um die Frage, ob die Gewichtsangabe auf der Verpackung auch der tatsächlichen Menge an Wurst entspricht. Denn die Hersteller haben bislang offenbar die nicht essbare Wursthülle und die Verschlussclips einfach mit in die Füllmenge einberechnet. Mit derart wichtigen Themen ist gerade in einem Land, wo der Ministerpräsident regelmäßig seine Liebe zur Wurst in den sozialen Medien zelebriert, nicht zu spaßen. Zudem geht es hier um etwas, was die Menschen so gar nicht vertragen: um Betrug! Und das aus reiner Gewinnmaximierung.

Aufgedeckt hat den Skandal um die Mogelpackungen lobenswerterweise das Eichamt von Nordrhein-Westfalen. Bei Kontrollen bei einer Produktionsfirma für Leberwurst stellten die Verantwortlichen fest, dass zwischen 2,3 und 2,6 Gramm Schmierwurst fehlte. Ohne das unverdauliche Zeug war zu wenig Leberwurst in der Pelle. Deshalb rückten sie dem Betrieb auf selbige und untersagten den weiteren Vertrieb entsprechender Packungen.

Zugegeben, bislang bin ich an dieses Problem eher mit einer gewissen Wurstigkeit rangegangen. Ich habe mich eher gefragt, ob die Pelle in den Biomüll gehört – und sie dann in den Restmüll geschmissen. Im Nachgang frage ich mich schon, um wie viele Leberwürste mich die Firmen bislang so betrogen haben. Das ist ja nicht nur ärgerlich wegen des entgangenen kulinarischen Genusses, sondern auch ein echter Wertverlust bei meinem Haushaltsbudget. Daher vielen Dank, liebe Richter, dass euch das Thema nicht wurscht war. Allerdings habt ihr euch ein wenig schwergetan. Die Wurst hat ja bekanntlich zwei Enden, daher hieß es beim ersten Gericht nein, dann wieder ja und nun doch nein. Pelle und Clips kann man sich nicht aufs Brot schmieren, also ist die Angabe falsch, befanden die Obersten Richter.

Jetzt frage ich mich, was das für andere Lebensmittel bedeutet. Zum Beispiel das Steckerleis. Wie viel Eis hängt denn da wirklich am Holzstäbchen? Kann ich mich da künftig eventuell auf ein paar Schlecker mehr freuen? Darf’s auch bei den Fleischspießen etwas mehr sein? Oder liegt bald ein Teebeutel mehr in der Schachtel? Und müsste jetzt bei meinen Bananen an der Waage nicht auch was abgezogen werden für die unverdauliche Schale? Hier geht es um durchaus delikate Fragen, bei denen sich die Produzenten mal eine Scheibe von dem Urteil gegen die Kollegen von der Wurstfraktion abschneiden könnten. Weniger Profitgier der Verkäufer versus mehr Genuss beim Konsumenten. Also bei mir käme das durchaus gut an! Allerdings erwarte ich eher, dass die Leberwurstfabrikanten jetzt einfach die Zahl für die Füllmenge auf der Verpackung ändern – und die Wurst weiterhin zum gleichen Preis verkaufen. Dann hätte am Ende eher die Wurst mit dem Hund gewedelt.