Kaum was übrig: ein Rest des alten Holzzauns.
Gefährlich: Über diese Böschung klettern gerade viele Jugendliche auf die Gleise.
Anwohner Christian Moscherosch an der Unfallstelle. Er warnt: „Hier ist es sehr gefährlich!“ © Thomas Gautier (3)
Er kletterte nachts auf einen Güterzug – jetzt wird er sein ganzes Leben lang nicht mehr richtig laufen können: Am frühen Samstagmorgen verlor ein 16-Jähriger auf den Gleisen am Ostfriedhof bei einem Horror-Unfall seinen Fuß.
Der Jugendliche war mit einem Freund eine steile Böschung am Carl-Amery-Platz hinuntergeklettert. Unten verlaufen Gleise zwischen den Welfenhöfen und dem Ostfriedhof. Dort stand ein Güterzug, weil eine Bahn-Ampel Rot zeigte. Laut Bundespolizei-Sprecherin Sina Dietsch kletterten die beiden „aus Abenteuerlust“ auf den Zug. Dietsch: „Als dieser anfuhr, sprangen sie in Panik ab. Dabei geriet der Fuß eines Jungen unter ein Zugrad“ – und riss ihn ab.
Der Begleiter wählte den Notruf. Kurz nach 2 Uhr waren Einheiten der Feuerwehr und der Polizei vor Ort. Sie fanden die beiden an den Gleisen unter der Tegernseer Landstraße. Dietsch: „Die Unfallstelle war schwer zugänglich und konnte nur über die Böschung erreicht werden. Dennoch gelang es den Rettungskräften, den Jugendlichen rasch und sicher zu bergen und medizinisch zu versorgen.“ Ein Kriseninterventionsteam betreute seinen schockierten Freund. Dann suchten Polizisten den abgetrennten Fuß mit einer Drohne und einem Spürhund. Laut Sina Dietsch fand der Hund das Körperteil rund 150 Meter weiter östlich der Straßenbrücke, Höhe Senftlstraße. „Es wurde medizinisch korrekt geborgen und mit dem Verletzten in ein Krankenhaus gebracht.“ Annähen konnten die Ärzte ihn aber nicht mehr. Der 16-Jährige schwebt nicht in Lebensgefahr.
Laut Anwohner und Blumenhändler Christian Moscherosch (50) klettern viele Jugendliche hier zu den Gleisen runter. „Man hat vor etwa einem Monat Bäume an der Böschung gefällt. Und dabei den alten Holzzaun abgerissen. Jetzt gehen die da ständig runter und sprühen Wände voll.“ Moscherosch hält das für sehr gefährlich. „Da können Kleinkinder von oben direkt ins Gleis fallen, man sollte das schnell sichern.“
In den Tagen zuvor hatten zwei tödliche Bahn-Unfälle die Region erschüttert. Am Donnerstag war ein 23-Jähriger in Ebenhausen von einer S-Bahn überfahren worden, der eine geschlossene Schranke passierte. Er hörte den Zug nicht, weil er Kopfhörer trug (wir berichteten). Am Freitag wurde ein 50-Jähriger in einem Reparaturwerk für Schienenfahrzeuge bei Neuburg-Schrobenhausen zwischen zwei Waggons eingequetscht.
THOMAS GAUTIER