Es erfüllt mich mittlerweile mit einer gewissen Dankbarkeit, wenn ich die Zeitung aufschlage und Berichte lese, die mich amüsieren, mir ein Lächeln und somit eine Kolumne entlocken. Schon auf dem diesjährigen Oktoberfest sollen mehr Tische für Einheimische reservierbar sein und das auch noch ganztägig. Zehn Prozent aller Plätze sollen für Münchner bereitstehen, auch nach 15 Uhr. Da habe ich mir doch die Mühe gemacht und mal zusammengezählt: Die großen Zelte haben zusammen drinnen (es wird ja nur innen reserviert) 70 026 Sitzplätze. Die kleineren Zelte 6733 und die Oide Wiesn 8144 Plätze. Wenn man dann alle offiziellen Sitzplätze zusammenzählt, kommt man auf 84 903 Sitzplätze. Da sind die inoffiziellen Sitzgelegenheiten aber noch nicht dazugerechnet: die Stufen der Bavaria, die Oberschenkel kräftiger Herren für die Liebsten oder einfach nur der Boden. Da gibt es keine relevanten Zahlen, die ich dazuzählen könnte.
Laut meinen Berechnungen müssten dann täglich von diesen Sitzplätzen 8490 nur von Münchnern reserviert werden können. Das würde natürlich je Zeltgröße auch wieder prozentual angepasst werden. Ich nehme jetzt mal zwei Zelte, in dem einen habe ich lange bedient und aus dem anderen darf ich seit letztem Jahr live senden. Das Löwenbräu-Festzelt müsste täglich fünfhundertsiebzig (etwa 60 Tische), das Paulaner-Festzelt 638 Plätze (knapp 65 Tische) bereitstellen. An sich eine gute Idee, aber wie schon vor ein paar Jahren wird es mit der „Einheimischen-Kontrolle“ etwas hapern. Bei einer Reservierungsanfrage muss ich dann wohl meinen Ausweis mitschicken? Gut, jetzt reserviere ich ja nur den Tisch als Einheimischer. Wer darf dann da mit am Tisch sitzen? Meine neun Freunde aus Hamburg?Das sind aber keine Einheimischen! Gibt es im Zelt eine zweite Kontrolle, ob auf den Bierbänken wirklich Einheimische sitzen? Und was ist mit den Einheimischen, die keine Einheimischen mehr sind, weil sie zwar in der Stadt geboren und aufgewachsen sind und hier gelebt haben, aber dann über die Stadtgrenze gezogen sind, zum Beispiel der Liebe oder auch der Mietpreise wegen, aber auch immer noch in der Stadt arbeiten? Ist man dann kein Einheimischer mehr? Fragen über Fragen. Vielleicht gibt es einen Reservierungs-Fragenkatalog, den man ausfüllen muss, und entsprechend darf man dann reservieren oder auch nicht.
Wenn ich quasi im Regen stehen gelassen werde,dann bin ich keine ausgewiesene Einheimische, aber eine abgewiesene. Passend dazu gibt es erstmals in diesem Jahr einheitliche Regenponchos mit Oktoberfest-Logo. Vielleicht ist das ganze Vorhaben aber auch nur eine Taktik, um Münchner in München zu halten oder den Umzug nach München schmackhaft zu machen. Nach dem Motto: „Wenn Du in München lebst, dann kriegst du sicher einen reservierten Platz auf der Wiesn.“
redaktion@ovb.net