Aufstand der Gehwegparker

von Redaktion

Strafzettel per App – Anwohner aus Laim stinksauer

Auch Barbara Bik und Zeikimoure Ramadan bekamen Strafzettel und sind sauer. © Martin Hangen (3)

Stefan und Renate Heim mit ihrem Smart in der Burgkmairstraße – und den fünf Bußgeldbescheiden hinterm Scheibenwischer.

Renate Heim (56) ist sauer. Jeden Tag könnte wieder ein Bußgeldbescheid in ihrem Briefkasten landen. Seit April jagen zwei Männer Gehwegparker in Laim. Seitdem bekam die Kantinen-Fachkraft schon fünf Bescheide zu je 55 Euro aufgebrummt. Und Heim ist nicht die Einzige: Am Donnerstag stürmten rund 150 Betroffene die Bezirksausschuss-Sitzung, um sich darüber zu beschweren, dass Privatpersonen hier Parkverstöße melden.

Renate Heim und ihr Mann Stefan (59, Gutachter) leben seit 15 Jahren in der Burgkmairstraße. „Seitdem parken wir unsere Autos mit zwei Reifen auf dem Gehweg, das war immer geduldet.“ Auch andere Anwohner machen das so, im gesamten Viertel. Dann kamen Florian G. und Dirk L. Sie machen seit einigen Wochen Fotos von Gehwegparkern und melden sie über die Internetseite „weg.li“. Das Internet-Portal verfasst damit Anzeigen. Die Meldungen landen am Ende beim Polizeiverwaltungsamt in Straubing – das die Knöllchen verschickt.

Florian G. meldete den Smart von Renate Heim am 14., 15., 16. und 22. April. Plus den Mazda ihres Mannes am 15. April. Zwei Wochen später bekam sie die Bescheide – auf denen G. als „Zeuge“ erwähnt ist. „Der fährt hier immer mit seinem Auto durch die Gegend, durch ganz Laim.“ Auch in der Camerloherstraße und in der hunderte Meter entfernten Agricolastraße seien Gehwegparker angezeigt worden.

Die Wut ist jetzt riesig. „Der Mann markiert uns alle und verteilt Strafzettel“, schimpft Heim. „Das kann doch nicht sein, dass uns eine Privatperson jeden Tag denunzieren darf.“ Mit allen vier Rädern auf der Straße könne man auch nicht parken: „Sonst kommen Lkw oder Krankenwagen nicht durch.“

Klar ist: Gehwegparken ist in München in den meisten Fällen nicht erlaubt – wurde aber jahrzehntelang geduldet. Doch das ändert sich gerade. Das Mobilitätsreferat will diese Park-Praxis abschaffen, in Giesing und Laim verteilte die Polizei schon massenweise Strafzettel.

Heim und viele weitere Anwohner forderten auf der BA-Sitzung, dass die Stadt das Gehwegparken mit einem Schild in ihrer Gegend ausdrücklich erlaubt. „Sonst heißt es: jeden Tag 55 Euro“ , sagt Heim. Auf Anfrage macht ihnen die Sprecherin des Mobilitätsreferats wenig Hoffnung. „Die Anordnung von Parken auf dem Gehweg“ werde „restriktiv geprüft“. Man wolle eher den Raum für Fußgänger vergrößern. „Der Gehweg ist der für den Fußverkehr originär vorgesehene Mobilitäts- und Schutzraum und darf gerade in engen Straßenverhältnissen nicht unangemessen durch abgestellte Kfz eingeschränkt werden“, sagt die Sprecherin. „Durch die Beparkung ist häufig die Nutzung der Gehwege gar nicht mehr möglich, sodass Kinder, ältere Menschen und Personen, die Gehhilfen, Rollstühle oder auch Kinderwagen mit sich führen, auf die Fahrbahn ausweichen müssen.“

Klingt nicht nach einem schnellen Ende des Park-Ärgers.
THOMAS GAUTIER

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