MÜNCHNER FREIHEIT

Eine Grantelei über die Denkfaulheit

von Redaktion

Neulich schoss es mir durch den Kopf: Bist du jetzt eine von den Alten, die dauernd granteln und mosern? Eigentlich war es zunächst wunderschön um mich herum: der Nymphenburger Schlosspark in erstem Blattgrün und Flieder-Lila, die Götterstatuen und sogar der versteckte Pan von ihren Holzgehäusen befreit, Enten, Gänse und Schwäne um den Nachwuchs bemüht und nicht zu viele Spaziergänger unterwegs. Friede, Freude und Genuss!

Eine Viertelstunde blieben sie ungetrübt, weil ich etwas abgelegenere Wege benutzt hatte. An der Pagodenburg war meine Stimmung noch heiter und beschwingt. Aber als ich nach der großen Wiese die Anhöhe erreicht hatte und noch beglückt den Blick über den See schweifen ließ, was muss ich da sehen? Einen Trampelpfad, der – natürlich – ohne Rücksicht auf Pflanzen, Wiesen- und Schilfbrüter direkt aufs Ufer und an ihm entlang zur anderen Seite führte, und zwar ins Gebüsch, damit man dort auch noch Viecher aufschreckt.

Kaum hatte sich meine ohnmächtige Wut gelegt, da kochte schon wieder der Ärger hoch. Zwei Männer (nicht von der Schlösser-Aufsicht) radelten in aller Seelenruhe daher. Auf meine Bitte hin abzusteigen, da man hier nicht fahren dürfe, murmelten der eine wie grenzdebil: „Absteigen, absteigen“, und sie traten weiter in die Pedale. Das Kraut endgültig ausgschütt‘ haben mir schließlich die Leute, die die Raseneinfassung um die große Fontäne niedertrampelten (wie zu viele vor ihnen). Vom normalen Weg aus sieht man das Wasserbecken wunderbar; warum das Gras so kaputtmachen, dass bereits richtige Löcher entstanden sind? Alle suchen die Schönheit des Parks, und trotzdem scheuen sich einige nicht, ihn systematisch zu beschädigen. Können Sie mir das erklären?

Da stecken Gedankenlosigkeit, Wurstigkeit, Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit dahinter, werden Sie sagen. Und haben wahrscheinlich Recht. Man merkt es ja selbst an unserem wichtigsten Handwerkszeug im Leben, unserer Sprache. Sie wird immer öfter nur wischiwaschi eingesetzt. Bezüge sind falsch, da purzelt etwa ein „wo“ daher, obwohl es um eine zeitliche Relation geht; Begriffe sind falsch, weil sie wie Lose blindlings aus dem Topf gezogen werden wie der arg geschundene „Mythos“ für Lügenkonstrukte oder falsche Annahmen; oder all die fremdsprachlichen Wörter, die grotesk falsch übersetzt werden. Denkfaulheit, werden Sie mir antworten. Tja, eine gefährliche Eigenschaft! Aber vielleicht grantle ich nur zu viel und zu gern …

Artikel 1 von 11