Irrfahrt wegen Wechselgeld

von Redaktion

Bahn-Automat gibt kein Rückgeld heraus

Musste ihr Restgeld in Pasing holen: Roswitha Neulen.

Wurde vom Sicherheitsdienst rausgeworfen: Ulrike Brock. © Schlaf, Bodmer

Selbst der argwöhnischste Kunde der Deutschen Bahn denkt bei den folgenden Geschichten erst mal an ein Versehen. Ulrike Brock (66) hat sich vor ein paar Tagen am Sollner Bahnhof eine Streifenkarte aus dem Automaten gelassen und mit einem 20-Euro-Gutschein bezahlt. Nur auf die 2,20 Euro Wechselgeld wartete sie vergebens. „Dafür spuckte der Automat einen Zettel aus.“ Darauf stand „Überzahlungsgutschein – einzulösen in allen personalbedienten DB Verkaufsstellen.“ Wer denkt, davon gäbe es in München unzählige, irrt. Genau drei sind es: am Haupt- und Ostbahnhof und in Pasing.

Aber auch das weiß nicht jeder. Brock wandte sich an das MVG-Kundencenter am Marienplatz. Die sagten ihr, sie seien nicht zuständig. „Ich war echt genervt und meinte, das kann doch nicht sein, ich geh’ nicht weg, bis ich mein Geld bekomme. Mir wurde vorgeschlagen, ich solle eine Fahrkarte lösen und zum Hauptbahnhof fahren oder eine Viertelstunde zu Fuß gehen, dort könne ich den Gutschein einlösen – unfassbar!“ Sogar der Sicherheitsdienst wurde gerufen, um Frau Brock rauszubefördern.

Nicht viel anders ging es Rentnerin Roswitha Neulen: „Wenn ich das erzähle, schauen mich die Leute mit großen Augen an und sagen: Das kann doch nicht sein!“ Die 81-Jährige trägt es mit Humor, aber inzwischen geht sie von einer neuen Abzock-Masche der Bahn aus. Roswitha Neulen war am 2. Mai am Marienplatz einkaufen und wollte am Automaten zum S-Bahnsteig Richtung Hauptbahnhof eine Streifenkarte besorgen. Bezahlt hat sie mit einem 50-Euro-Schein. Die Streifenkarte wurde ausgespuckt, aber das war’s erst mal. „Ich hab gewartet, wann das Restgeld kommt, aber nach einer Weile wurde lediglich ein Zettel gedruckt, dass ich mein Restgeld einlösen könnte.“

Verzweifelt wandte sich Roswitha Neulen an eine Frau im Kundencenter der MVG am Marienplatz. Diese sagte auch ihr, man sei nicht zuständig, weil es sich um einen Automaten der Bahn handelte – was allerdings nicht ersichtlich ist, da auch das Logo der MVG darauf klebt. „Ich soll mich an die Verkaufsstelle in Pasing wenden.“ Die alte Dame aus Obermenzing nahm also ein paar Tage später den beschwerlichen Weg nach Pasing auf sich. Dort bekam sie auch ihr Restgeld. „Aber ich hab mich ordentlich beklagt. Daraufhin hat die freundliche Dame am Schalter mir noch einen zusätzlichen Entschädigungs-Gutschein gegeben. Der ist auch wieder ganz kompliziert einzulösen, aber immerhin.“ Beide Frauen kritisieren auch, dass nirgendwo ein Hinweis stand, dass der Automat kein Rückgeld ausspuckt – sonst hätten sie einfach mit Karte bezahlt. Die Bahn schreibt auf Merkur-Anfrage, man gehe davon aus, „dass der Automat aus technischen Gründen kein Rückgeld ausgeben konnte. In solchen Fällen geben die Automaten einen entsprechenden Beleg aus, mit dem man sich das Rückgeld in allen DB-Reisezentren auszahlen lassen kann.“

Um zu einem der drei Reisezentren zu kommen, müssten Ulrike Brock und Roswitha Neulen insgesamt vier Streifen lösen. Das kostet sie 7,12 Euro – ganz zu schweigen von dem zeitlichen Aufwand. Ulrike Brock hat das nicht gemacht, das wäre für sie ein Verlustgeschäft von etwa fünf Euro geworden.

Unsere Zeitung will von der MVG wissen, ob sie sich nicht an dem Image-Schaden stört, da Kunden ja nicht unterscheiden können, ob es sich um einen Bahn- oder MVG-Automaten handelt. Die MVG erklärt: „Einen Image-Schaden können wir nicht erkennen. Wir wollen die Vertriebsstrategie unserer Partner nicht bewerten. Bei Unsicherheiten: Die Automaten der MVG geben Wechselgeld aus.“ Jetzt müsste man sie nur noch als eindeutige MVG-Automaten erkennen können: Denn nachts sind alle Automaten blau.
GABRIELE WINTER

Artikel 2 von 11