Nicht nur Striche auf der Straße: Auch Zebrastreifen spielen eine wichtige Rolle für mehr Sicherheit.
Für mehr Sicherheit: Georg Dunkel, Anais Schuster-Brandis und Dominik Krause am neuen 30er-Schild in Untergiesing. © Yannick Thedens,
Man merkt so manchem Autofahrer die Verwirrung an: An der Stelle, wo neben dem Schyrenbad die Sachsenstraße und die Claude-Lorrain-Straße aufeinandertreffen, hängen zwei Schilder übereinander. Das eine zeigt, dass hier eine 30er-Zone endet – und das andere darüber markiert gleichzeitig den Beginn eines Tempo-30-Abschnitts.
Diese Stelle in Untergiesing steht beispielhaft für eine neue Entwicklung in der Stadt. Ganz konkret: Es gibt neue Straßenabschnitte, auf denen das Limit von 50 auf 30 runtergeschraubt wird. Hier, an der Sachsenstraße, gab‘s zuvor einen etwa 400 Meter lange 50er-Bereich, der zwischen zwei 30er-Zonen lag. Es werden noch mehr solcher Fälle folgen, dazu auch neue Zebrastreifen. Alles in allem spricht die Stadt von über 250 solchen Maßnahmen, die derzeit in Prüfung sind. Wie viele davon dann auch wirklich umgesetzt werden, steht noch nicht fest.
Das alles passiert derzeit, weil sich die Straßenverkehrsordnung (StVO) geändert hat. Seit Oktober 2024 haben Kommunen mehr Einfluss bei der Frage, wo es 30er-Limits oder ähnliche Maßnahmen braucht. Der zweite Bürgermeister Dominik Krause (Grüne), gestern ebenfalls vor Ort an der Sachsenstraße, sagt: „Jetzt ist eine Verkehrspolitik möglich, die vor allem schwächere Verkehrsteilnehmerinnen stärker in den Mittelpunkt stellt.“ Er denkt dabei zum Beispiel an Straßen neben Spielplätzen, Schulen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen.
Die Sorge, jetzt könnte im Prinzip die ganze Stadt zur 30er-Zone werden, möchten Krause und Dunkel den Bürgern nehmen: „Das ist eine Sicherheitsdiskussion, keine Tempo-Limit-Diskussion. An mehrspurigen Straßen und dort, wo es sinnvoll ist, bleibt Tempo 50 bestehen.“
Dabei reden auch die 25 Bezirksausschüsse mit: Sie haben bereits Anfang des Jahres Post von der Verwaltung bekommen. Nämlich eine Liste mit möglichen Stellen für 30er-Limits und Fußgänger-Überwege. Die Viertel-Politiker bewerteten diese Vorschläge, schickten teilweise auch eigene Ideen zurück – und jetzt prüft wiederum die Stadt, was davon wirklich umgesetzt wird.
Anais Schuster-Brandis (Grüne) aus dem BA 18 (Untergiesing-Harlaching) freut sich über die neue Rechtslage: „Das bringt endlich etwas für den Einfluss des Bezirks.“ Wichtig ist auch: Gemäß neuer StVO muss keine besondere Gefahrenlage mehr bewiesen sein (zum Beispiel anhand eines schweren Unfalls), bevor die Stadt Maßnahmen ergreifen kann.
Jetzt ist tatsächlich viel im Fluss. 18 der Anträge hat das Mobilitätsreferat schon umgesetzt oder kümmert sich in den nächsten Wochen und Monaten darum. Darunter sind zum Beispiel Fußgängerüberwege wie an der Straße „Zum Schwabenbächl“ und an der Tierparkstraße, wo nun Tempo 30 gilt, oder auch der Schmuckerweg (Trudering-Riem), wo man wie in der Sachsenstraße eine 30er-Lückenschließung vornahm. Schon angeordnet, aber noch nicht umgesetzt sind Geschwindigkeitsreduzierungen in der Müllerstraße, der Humboldtstraße und in der Waisenhausstraße. Viele weitere Anträge sollen bis Herbst ausgewertet werden.
Mobilitätsreferent Georg Dunkel sagt, die novellierte Straßenverkehrsordnung sei ein „wichtiger Schritt zu einer sichereren und nachhaltigeren Mobilität“. Allerdings: Nicht alle sind zufrieden. So mancher Bürger stört sich an den Plänen der Verwaltung. Einige ziehen sogar vor Gericht, weil sie nicht einsehen, dass sie langsamer fahren sollen: „Die Klagen gegen unsere Beschlüsse haben im Vergleich zu vor fünf Jahren um Faktor vier zugenommen.“NICK MANDEL