OB Dieter Reiter beim Anzapfen auf der Wiesn 2023. Korrekt auf Bairisch: Ozapfa! © Hoppe/dpa
Wer ko, der ko. Und wer no ned ko, der ko bestimmt boid. Wenn das hier für Sie kryptisch klingen sollte, dann seien Sie uns bitte nicht böse, liebe Leser! Es ist der Versuch, Bairisch zu schreiben – was gar nicht so einfach ist.
Auch für andere ist das ein Thema, insbesondere wenn‘s ums Oktoberfest geht. Beziehungsweise um die Wies‘n. Nein, halt: um die Wiesn, ohne Apostroph! Fälle wie diese sind jetzt in einem offiziellen Schreiben der Stadt aufgeführt. Denn: Das Wirtschaftsreferat, das auch für das Oktoberfest zuständig ist, hat den Wiesn-Wirten heuer zusammen mit ihren Vertragsunterlagen auch Hinweise zur richtigen Verwendung bairischer Begriffe geschickt. Zum Beispiel ist da eben vermerkt, dass es „Wiesn“ heißt und nicht „Wies‘n“. Und dass eine „Brezn“ in Bayern keine „Brezel“ ist.
Wirtschaftsreferent und Wiesn-Chef Christian Scharpf (SPD) bestätigt: „Beim Versand der Verträge wurde dieses Jahr erstmals ein Schreiben beigelegt, das an die Wirtinnen und Wirte sowie an alle anderen Beschickerinnen und Beschicker appelliert, die richtigen Schreibweisen und bayerischen Begriffe zu benützen und die Hintergründe dieser Bitte erklärt.“
Das Schreiben enthält zwei kleine Tabellen mit Bairisch-Beispielen, die wir Ihnen auch auf dieser Seite zeigen. Außerdem gibt‘s diesen Hinweis der Stadt: „Gewusst? Man schreibt weder ,o‘zapft‘ noch ,g‘suffa‘, weil eine Auslassung, wie sie der Apostroph anzeigt, hier wie dort nicht stattgefunden hat. Die Wörter ,ogezapft‘ und ,gesuffa‘ gibt es im Bairischen nicht, weswegen wir ,ozapft‘ und ,gsuffa‘ schreiben.“
Man muss zugeben: Wir in unserer Zeitung halten uns nicht an die Ozapft-Regel und nutzen den Apostroph für bessere Lesbarkeit. Scharpf versteht seine Bairisch-Beispiele aber auch nicht als Zwang. Die Hinweise seien „nicht Teil des Vertrages – und es geht nicht darum, neue Vorschriften einzuführen. Bei ,Nichteinhaltung‘ ergeben sich auch keine Konsequenzen. Das Schreiben ist lediglich ein freundlicher Hinweis und ein Hilfsmittel, falls Unsicherheiten bezüglich der Schreibweisen bestehen.“
Und, so Scharpf weiter: „Im Übrigen soll jeder und jede reden, wie ihm oder ihr der Schnabel gewachsen ist; da soll niemand etwas vorgeschrieben werden. Aber als langjähriges Mitglied des Fördervereins Bairische Sprache und Dialekte sind für mich die bairische Sprache und die bairischen Mundarten ein wertvolles Kulturgut, das zu unserer Identität gehört. Deshalb sind mir ihr Erhalt und ihre Förderung ein persönliches Anliegen – und deshalb auch die freundlichen Hinweise zur Anwendung unserer Sprache.“
Christian Schottenhamel, Sprecher der Wiesn-Wirte, sagt auf Anfrage zum neuen Bairisch-Blatt: „Ich find das ganz lustig.“ Er weiß, dass man – je nach Zelt-Speisekarte – Soße, Sosse oder Sauce zum Fleisch kriegt. „Es ist deshalb schon sinnvoll, wenn wir uns auf einen einheitlichen Sprachgebrauch verständigen.“ Das stärke auch die Wiesn als Marke.
Und als Volksfest mit einer langen Tradition ist sie nun einmal ein wichtiger Ort zur Bewahrung der bairischen Sprache. Das wird auch in dem Schreiben an die Wirte deutlich. Darin heißt es, dem Wirtschaftsreferat sei es wichtig, „dass Sie bitte bairische Ausdrücke verwenden, dabei aber darauf achten, die richtige bairische Schreibweise zu berücksichtigen“. Anlass dafür ist offenbar gegeben: Die Liste mit den strittigen Beispielen stammt vom Oktoberfest 2024.
Die Stadt will den Dialekt allerdings auch auf andere Weise fördern – mit dem Musikwettbewerb „A Liad für d‘ Wiesn“.NINA BAUTZ, ULRICH HEICHELE, REGINA MITTERMEIER