Der Ton wird aggressiver, Beleidigungen gehören zum Alltag, Verletzungen sind jederzeit möglich: Auch in München sind die 6450 Polizisten des Präsidiums oft mit Gewalt konfrontiert. In Stadt und Landkreis gibt es laut Polizeipräsident Thomas Hampel zwei verletzte Beamte pro Tag, im vergangenen Jahr wurden 609 Körperverletzungen dokumentiert. Um mehr Distanz zu schaffen, abzuschrecken und sich vor unberechtigten Gegenvorwürfen zu schützen, setzt das Präsidium auf den Einsatz von Bodycams – einer Kamera an der Uniform.
Die rund 230 Gramm leichten Geräte, die meist an der Schulter getragen werden, stehen jedem Polizisten im Einsatz zur Verfügung. Ziel von Holger Schmidt, Leiter der Verfahrenskoordination Bodycam für Bayern, ist es, mehr Trageakzeptanz zu erreichen. Vor allem bei älteren Beamten sei die neue Technik nicht so beliebt. Dabei könne sie helfen, Verfahren nach Übergriffen zu beschleunigen. „Die Bilder sagen mehr als 1000 Worte.“
Dass ein Einsatz von einer Sekunde auf die andere eskalieren und lebensgefährlich für Polizisten werden kann, erklärte Hampel bei der Vorstellung des Lageberichts. Vermeintlich schwierige Zugriffe gehen mitunter ruhig und kontrolliert über die Bühne. Alltägliche Streifenfahrten oder Kontrollen laufen im Gegensatz dazu ganz plötzlich aus dem Ruder. Wie im August 2024 in Laim, wo ein Münchner mit einem spitzen Gegenstand Autos zerkratzt hatte. Laut Hampel trommelte der 46-Jährige erst aggressiv auf dem Streifenwagen herum, dann griff er einen Beamten an. Dazu schlug er mit einem Beutel, in dem sich ein Kristallglas befand, brutal auf den Kopf des 51-Jährigen ein. „Der Kollege erlitt einen Jochbeinbruch“, sagte Hampel. Die Zahlen für München: 1338 Fälle von psychischer und körperlicher Gewalt im Jahr 2024 bedeuten einen Rückgang um 7,7 Prozent. „Der Rückgang betrifft aber hauptsächlich die Beleidigungen“, sagt Hampel – von denen es 25 Prozent weniger gab. Die Zahl der tätlichen Angriffe ging mit 483 im Vergleich zu 489 Fällen im Vorjahr nur leicht zurück. Der 10-Jahres-Vergleich zeigt einen Gesamtanstieg um 10,4 Prozent.
Wie in ganz Bayern gilt auch für die 1174 Täter in München: Sie sind zu 84 Prozent deutsche Männer, die Hälfte von ihnen war bei der Tat betrunken, drei Viertel von ihnen sind polizeibekannt.NADJA HOFFMANN