Geschäftsmann Reza Bonakdar ist in Sorge. © Thedens
Hofft auf Visum für seine Frau: Hamed Najafpour Darzi.
Der Nahostkonflikt hält die Welt in Atem, hier ein Bild nach Bombenangriffen auf Teheran. © Vahid Salemi
„Das furchtbare Regime muss endlich weg“: Masud und Justine Harun-Mahdavi leben schon seit 46 Jahren in München. © Jens Hartmann/privat
„Kommen sie herein! Wir sehen bestimmt nicht gut aus, weil uns die Nachrichten der letzten Zeit solche Sorgen machen. Ich schlafe manchmal nachts gar nicht, um keine Meldung zu verpassen.“ Masud Harun-Mahdavi und seine deutsche Frau Justine haben unsere Zeitung in ihre Bogenhausener Wohnung eingeladen. Das iranisch-deutsche Ehepaar wohnt seit 1979 in München, genauer gesagt seit Masud, ehemals Oberbürgermeister der Stadt Mashad und später stellvertretender Verteidigungsminister des Schahs von Persien, vor der islamischen Revolution in den Westen fliehen musste. „Die Mullahs regieren jetzt seit 46 Jahren“, sagt er frustriert. „Dieses furchtbare Regime muss endlich beseitigt werden!“
Am Tisch mit Dattelplätzchen und schwarzem Tee erzählt der Ingenieur (84) von seinem Leben. Statt mit iranischer Verteidigungstechnik beschäftigte er sich sein restliches Leben bei BMW mit Autos, „bis zur Rente“. Zudem gründete er den Menschenrechtsverein Leben und leben lassen, dessen Münchner Abteilung Bustan Bayerns Iraner regelmäßig bei Kulturveranstaltungen zusammenbringt. Gattin Justine (80), von Beruf Kinderkrankenschwester, schrieb ein Buch über ihre Jahre im Iran, „Nicht ohne meinen Mann“.
Beide Eheleute halten die aktuellen Angriffe der USA und Israels auf den Iran für nicht wirkungsvoll. „Was Trump, Netanjahu und Putin gemeinsam aushecken, ist nicht vertrauenswürdig“, sagt Masud, „es leidet jetzt doch vor allem die Zivilbevölkerung. Im Grunde genommen unterstützt der Westen doch das aktuelle Regime, das es kleinhalten will. Warum beseitigt man zum Beispiel den Anführer Chamenei nicht endgültig?“
Was Masud Harun-Mahdavi denkt, schreibt er auch offen auf Facebook. Oder er malt. „Wenn sich die Politik drückt, kreiere ich bunte Naturmotive“, sagt er lachend. Gleichzeitig arbeitet er für Bustan – denn am 13. Juli lädt der Verein gemeinsam mit der Stadt und Justizminister Georg Eisenreich (CSU) zum großen Sportfest im Allianz Sportzentrum an der Osterwaldstraße ein. Auch Nicht-Iraner sind herzlich willkommen (Eintritt 15 Euro).
Auch Reza Bonakdar (73) sieht die Angriffe auf den Iran kritisch. Der Inhaber der Teppich-Galerie Rumi im Lehel ist Gründer und Vorsitzender der Bayerisch-Iranischen Gesellschaft. Er findet: „Hier greift man nicht nur das Regime an, sondern das Volk. Die Mullahs lassen jetzt unter dem Vorwurf der Spionage für Israel reihenweise unliebsame Personen verschwinden. Und im Iran geht dagegen keiner auf die Straße. Im Gegenteil, die Bürger stellen sich aus Enttäuschung über den Westen hinter ihre Regierung.“ Ab und zu spreche er auch mit seinen Käufern kostbarer Design-Perserteppiche über die aktuelle Lage. Fast alle verstünden seine Haltung, sagt er: „Diktatorische Staaten darf man nicht isolieren. Man muss vielmehr die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen fördern, um die Bindung zum Westen zu stärken.“
Bonakdar bemerkt den Einfluss der irankritischen Politik des Westens schon länger. „Das Interesse deutscher Firmen am Iran, das in den Nullerjahren groß war, ist praktisch nicht mehr vorhanden“, erklärt er, „und auch Reisen sind nicht mehr gefragt. Unsere Gesellschaft ist deshalb seit einigen Monaten völlig inaktiv.“ Andererseits seien – immerhin – Perserteppiche durch das US-Embargo günstiger geworden. „Denn die USA importieren diese nicht mehr und die Großhändler sitzen auf einem Überangebot.“
Für Hamed Najafpour Darzi (50), Zahnarzt in Großkarolinenfeld, bedeutet der Abbruch der deutschen Beziehungen zum Iran dagegen ein ganz lapidares, bitteres Problem: Zuvor war es schwer, jetzt ist es unmöglich, ein Visum für seine Frau in Teheran zu bekommen. „Die deutsche Botschaft hat es schon in den letzten zwei Jahren nicht geschafft, meiner Frau Neda ein Geschäftsvisum auszustellen“, sagt er. „Sie hat hier in Deutschland eine Firma für Medizintechnik gegründet. Jetzt, wo die Botschaft geschlossen ist, habe ich nicht mal mehr einen Ansprechpartner. Meine Frau ist täglich in Gefahr, ich bin verzweifelt.“ Tatsächlich heißt es beim Auswärtigen Amt, dass derzeit Visa-Anträge nicht bearbeitet werden. Es sei nicht absehbar, „wann mit einer Wiederaufnahme des Dienstbetriebs zu rechnen ist“.
Einig sind sich die bayerischen Iraner in einem Punkt: Mit Trump, Putin und Netanjahu sei jede Entwicklung möglich. Heißt: Die bayerisch-iranische Freundschaft ist derzeit dem weltpolitischen Sturm überlassen.ISABEL WINKLBAUER