Ihab L. laufen die Tränen über die Wangen, er kann kaum seinen Kopf über den Schultern halten, während er sich zu einer schrecklichen Tat bekennt: „Ein Mensch ist durch meine Hand gestorben. Das wird mich den Rest meines Lebens verfolgen.” Damit gibt der 22-Jährige vor dem Landgericht München zu, im Juni vergangenen Jahres den 24-Jährigen Deniz D. in Milbertshofen erschossen zu haben – auf offener Straße, am helllichten Tag.
Bekannt wurde L. mit der Tat als Audi-Killer – weil er in seinem Audi vom Tatort geflüchtet war. Doch ein eiskalter Killer war er seinen eigenen Angaben zufolge nicht.
In der Version der Staatsanwaltschaft schon: L., der aus der Nähe von Frankfurt am Main stammt, hatte sich demnach mit einem Kumpel aus München zusammengetan. Die beiden hatten einen Plan: Einem Drogendealer eine große Menge Marihuana stehlen, um es selbst zu verkaufen. Dafür fragten die beiden bei Deniz D., der in Münchner Kreisen recht bekannt war, nach drei Kilo Marihuana im Wert von 15 000 Euro. Doch beim Treffen wollten sie statt Geldscheinen eine Pistole zücken.
Treffpunkt: eine Straße in Milbertshofen am Nachmittag des 3. Juni 2024. Während der Kumpel sich im Hintergrund hielt, ging Ihab L. an das Auto von Dealer Deniz D. Der zeigte ihm einen Karton mit dem Marihuana. Dann ging alles sehr schnell. L. schnappte sich den Karton, sprang damit in seinen Audi. D. zückte ein Messer und stach L. dreimal in die Beine. Daraufhin zog L. eine Pistole vom Typ Ceska und schoss D. in den Oberkörper. Er raste davon, während Zeugen einen Rettungswagen für das verblutende Opfer riefen. Eine Stunde später war Deniz D. tot. Er war gerade Vater eines Sohns geworden.
Das gestohlene Marihuana verkaufte später Ihab L.s Freund. Im März stand er dafür vor Gericht.
L. schildert die Tat hingegen ganz anders: Sein Kumpel habe ihn überredet, die Drogen bei dem Dealer zu holen – aber ganz regulär gegen Geld. Nur zur Sicherheit habe er ihm die Pistole mitgegeben. Beim Deal habe er jedoch bemerkt, dass Deniz D. ihm billige Pflanzenreste als Marihuana unterjubeln wollte. Als er ihn konfrontierte, sei der Kontrahent mit einer Gaspistole und einem Messer auf ihn losgegangen – und er habe sich mit der Pistole gewehrt: „Es ging um mein Leben.”
Dennoch entschuldigte er sich bei den Angehörigen des Rauschgiftverkäufers. Das Urteil soll Anfang August fallen.TOM SUNDERMANN