Im Internet zeigt sich ein Clan-Chef mit der Beute. © Archiv
Bei jeder Razzia in den ausländischen Callcentern werden immense Vermögenswerte festgestellt. © Archiv
Die Zahlen des Callcenter-Betrugs steigen massiv an: Allein im Jahr 2024 gab es in München 11,5 Millionen Euro Schaden. © dpa
Sie verstecken sich im Ausland – von dort rufen Telefonbetrüger täglich in München an, um Senioren mit Betrugsmaschen der falschen Polizisten oder des Schockanrufs abzuzocken. Allein 11,5 Millionen Euro betrug der Schaden im Jahr 2024 in München. Und viele fragen sich: Hat man jemals eine Chance das abgezockte Geld zurückzubekommen?
Noch vor vier Jahren galt das als wahrscheinlich: Damals wurde im türkischen Izmir der Prozess gegen 24 Angeklagte geführt, darunter die Bandenbosse Amar S. und Halit D. Bei einer Razzia wurden bei ihnen Vermögenswerte von insgesamt 105 Millionen Euro beschlagnahmt. Unter anderem Immobilien, Luxusautos, Bargeld, Schmuck, Goldbarren und sogar Hotels. 2022 wurden die Betrüger zu insgesamt 1128 Jahren (!) Haft und zu mehr als 23 Millionen Euro Geldstrafe verurteilt. Das beschlagnahmte Vermögen sollte an die deutschen Opfer zurückgegeben werden. Auch für die Münchner Ermittler ein Mega-Erfolg.
Doch dann der Schock: Ein türkisches Berufungsgericht hob das Urteil im Oktober 2023 auf, das Verfahren musste in zweiter Instanz neu gestartet werden. Die Millionen-Beute gab der neue Richter, der aus dem türkischen Dorf der Bandenbetrüger stammen soll, an die Angeklagten zurück – und entließ sie aus der Haft. Alle Bandenmitglieder sollen seither wieder auf freiem Fuß sein.
„Das Verfahren ist nach wie vor bei Gericht anhängig und es finden regelmäßig Verhandlungstermine statt“, teilt das Polizeipräsidium München auf Anfrage unserer Zeitung nun zu dem millionenschweren Fall mit, der noch immer in der Türkei verhandelt wird. Die jüngste Prognose sei, „dass vor 2026 nicht mit einem Urteil zu rechnen ist“. Und die Täter sind weiter frei, können ihre Betrugsmaschen über das Telefon betreiben.
Die Zahlen in München: Allein im Jahr 2023 gab es 10 196 Schockanrufe und 644 Fälle von falschen Polizisten. Im Jahr 2024 waren es 812 Schockanrufe und 342 Fälle falscher Polizisten. Zwar ging die Zahl der Taten zurück, die Schäden stiegen gleichzeitig aber an: von 3,55 auf 11,51 Millionen Euro. ANDREAS THIEME