Das Küken-Wunder von Trudering

von Redaktion

Henne brütet Supermarkt-Eier aus – Pfarrvikar: „Schöpfung funktioniert“

Pfarrvikar Georg Schweizer mit einem der Küken auf dem Kopf: Im Pfarrgarten von St. Peter und Paul in Trudering passierte das Küken-Wunder – fünf Jungvögel schlüpften aus Supermarkt-Eiern. © Jens Hartmann (3)

Es ist wahrlich ein kleines Wunder, das hier mitten in Trudering passiert ist. „Es ist schön zu sehen, wie die Schöpfung funktioniert“, sagt Pfarrvikar Gregor Schweizer und setzt sich ein gelbes Küken auf den Kopf. Es piept und tapst auf seinen Haaren herum. Dann hebt es der 35-Jährige zu seinen vier Geschwistern in den Stall. Die Mutter nimmt das Kleine gackernd unter ihre Fittiche. Eigentlich handelt es sich um die Ziehmutter. Denn das Erstaunliche ist: Die fünf Küken sind aus Supermarkt-Eiern geschlüpft.

Die fünf Hühnerküken sind vor Kurzem im Pfarrgarten von St. Peter und Paul in Kirchtrudering auf die Welt gekommen. Seitdem befindet sich der katholische Pfarrverband Vier Heilige Trudering Riem im Glück.

Die Vorgeschichte: Schweizer wuchs auf einem Bauernhof im schwäbischen Zußdorf auf. Mit landwirtschaftlichen Belangen kennt sich der Geistliche aus. Als Pfarrvikar in Gräfelfing wohnte er in einer Priester-WG. Weil sein Mitbewohner viele Eier aß, besorgte Schweizer Hühner. „Als Schwabe wollte ich sparsam sein.“ Im September 2024 kam er nach Trudering. Bald sehnte er sich nach Hühnern. Und baute den maroden Glühweinstand der Pfarrjugend in einen Stall um. Bei einem Züchter besorgte er zwölf Hennen: „Zwölf ist eine biblische Zahl.“ Man denke an die zwölf Jünger Jesu oder die zwölf Stämme Israels. Er organisierte Familien, die als Hühnerpaten zum Füttern kommen. „Dafür kriegen sie Eier.“

Plötzlich fing eine der weißen Sussex-Hennen an zu glucken, wollte Eier bebrüten. Weil im Pfarrgarten kein Gockel lebt, der Eier hätte befruchten können, wären eigentlich nie Küken rausgekommen. Doch der Pfarrer spielte ein bisschen Gott – und griff in die Schöpfung ein. Er kaufte sechs Bio-Eier im Supermarkt. Diese markierte er mit Herzen und legte sie in die Nester im Stall. Die Glucke bebrütete sie sofort. Schweizer wusste: „Bei Bio-Eiern aus dem Supermarkt ist es nicht unwahrscheinlich, dass Küken schlüpfen.“ Denn bei Bio- oder Freiland-Eiern könne es vorkommen, dass Eier befruchtet sind, weil sich Hähne unter den Hennen befinden. Wolfgang Schleicher, Geschäftsführer der Deutschen Geflügelwirtschaft, sagt dazu: „Sofern ein Ei befruchtet ist, ist es theoretisch möglich, dass bei richtiger Bruttechnik aus dem Ei ein Küken schlüpfen kann.“ Das gelte grundsätzlich und hänge nicht mit der Haltungsform zusammen. Auch bei konventioneller Haltung lebten vereinzelt Hähne unter den Hennen. „Das dient der Abwehr von Raubvögeln.“

Der Pfarrer hatte die Hoffnung fast aufgegeben: „Die 21 Tage Brutzeit waren überschritten.“ Doch am 28. Juni passierte das Wunder: Paten schickten ihm Fotos vom ersten Küken. „Ich konnte es kaum glauben.“ An den Folgetagen schlüpften die restlichen vier. „Die weiße Henne nahm sie unter ihre Flügel.“ Eines der Herz-Eier blieb unverändert.

Seither haben Pfarrer und Paten viel zu tun: Sie füttern die Küken mit gekochten Eiern. „Sie sind ganz schön gewachsen“, sagt Schweizer. Damit Fuchs und Habicht die Kleinen nicht erwischen, bleiben sie vorerst im Stall. Im Ort sind die flauschigen Tierchen eine Attraktion: Aus Kindergarten und Grundschule waren Kinder zu Besuch. Jedem gab der Pfarrer einen Zettel mit einem passenden Bibelzitat aus dem Matthäus-Evangelium: „Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt.“ Der Pfarrer findet: „Das ist eine schöne Chance, Kinder zu erreichen.“ MARLENE KADACH

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