So könnte ein Isarflussbad aussehen. © Bild: Titze Arch.
Stephanie Jenke ist Geschäftsführerin des Gasteigs.
Die südliche Isar gilt als Vorbild: Sommerabend an der Reichenbachbrücke.
Stadtplaner Philipp Königer muss Interessen abwägen.
Urbanaut und Schwimm-Fan Benjamin David am Wasser.
Pfarrer Helmut Gottschling von Sankt Lukas tauft oft Kinder mit Isarwasser. Der Fluss ist für ihn ein Sinnbild des Lebens. © Yannick Thedens (4), achim Schmidt
Zwischen Reichenbach- und Luitpoldbrücke fließt die Isar durchs Herz der Stadt. Täglich überqueren sie Münchner, gehen und fahren an ihrem Ufer entlang oder nehmen sich manchmal auch Zeit, um sorglos den Wellen nachzusehen. Letzteres tun sie zu selten – deshalb will die Stadt das Erholungspotenzial und die Zugänglichkeit der Isar in der Innenstadt ausbauen. „Welche Bedeutung hat die Isar für die Stadt und die Münchner und welche Funktionen muss sie künftig noch stärker erfüllen?“ Dieser Frage geht das Planungsreferat gerade in zahlreichen Gesprächen nach. Das erste Ergebnis ist nun eine Ausstellung, die am Mittwoch hinter dem Vater-Rhein-Brunnen eröffnet wurde. Sie zeigt alle vernünftigen und unvernünftigen Ideen, wie das Flussufer vom Betonkorsett wieder zum Lebensraum werden könnte. Bei der Eröffnung mit dabei: Vier Isar-Kenner, die ihre Vorschläge und Bedürfnisse persönlich vorstellten. Unsere Zeitung hat mit ihnen über die Reißende gesprochen.
■ Helmut Gottschling, Pfarrer der Lukaskirche
Die Lukaskirche am Isarufer „ist immer mittendrin und dabei, zum Beispiel beim Isarinselfest“, freut sich der evangelische Geistliche, der mit Frau und Tochter schon seit mehr als 20 Jahren an der Isar lebt. Der Fluss hat für ihn eine große symbolische Bedeutung. „Er steht für das Leben. Manchmal plätschert er dahin, ein anderes Mal donnert er durchs Bett.“ Gottschling tauft deshalb auch Kinder in der Isar, „manchmal feiert die Familie im Muffat-Biergarten, dann kommen alle runter zum Fluss.“ Die Lukaskirche sei auch ein spiritueller Konzertsaal, so der Pfarrer, da sei es schade, dass die Besucher oft von Radlern auf deren Rennstrecke umgefahren werden, wenn sie ins Freie, also ans Isarufer hinaustreten. „Ein gepflegterer Zugang zum Fluss wäre schön.“ Die neue Ausstellung macht dazu den Vorschlag eines ausgebauten Kirchplatzes am Fluss.
■ Benjamin David, Verein Isarlust
Benjamin David, Mitglied der Urbanauten, betreibt den Kulturstrand am Vater-Rhein-Brunnen. Er arbeitet nicht nur am Fluss, er ist sogar drei Jahre lang zur Arbeit geschwommen. „Ich habe an der Wittelsbacherbrücke gewohnt, die kurze Strecke zum Brunnen habe ich bei gutem Wetter gerne absolviert“, erzählt er. „Die Isar hat 20 Grad und fast Trinkwasserqualität. Es ist unglaublich erfrischend! Man trifft Enten, blaue Libellen und interessantes Treibgut. Es ist ergreifend und inspirierend.“ Heute wohnt der Kunst- und Kulturmanager in Pasing, aber er setzt sich seit Jahren für ein Isarflussbad auf seiner Leib- und Magenstrecke ein. „Die Münchner sollten auch in den Fluss können, nicht nur an den Fluss“, sagt er, „das wäre ein riesiger Gewinn für die Stadt.“
■ Stephanie Jenke, Geschäftsführerin des Gasteigs
„Für uns ist die Isar eine Erweiterung, die Besucher kommen und gehen eines Tages wieder an ihr entlang. Deshalb müssen Ufer und Hochufer in die Generalsanierungspläne des Gasteigs einbezogen werden“, sagt die Chefin des Kulturzentrums, das noch viele Jahre im HP8 im Münchner Süden residieren wird – aber eben nicht für immer. Jenke wünscht sich für die Zukunft eine Öffnung des Gasteigs zur Stadt hin, und eine gute Nachbarschaft mit den Anrainern am Isarufer. „In dieser Stadt, die immer größer und enger wird, gewinnen öffentliche Flächen stark an Bedeutung. Viele leben in kleinen Wohnungen, wollen mehr Raum. Wie die Isar im Süden geöffnet und befreit wurde, ist da vorbildlich. So sollte man es auch in der Stadt machen.“ Fürs Foto posiert sie auf dem Wehrsteg – der laut Ideen-Ausstellung mit Sitzgelegenheiten zur freundlichen Flaniermeile werden soll.
■ Philipp Königer, Abteilungsleiter Planungsreferat
Philipp Königer und sein Team beim Planungsreferat sind die, die bei der Grün- und Freiraumplanung ständig abwägen und alle Interessen unter einen Hut bringen müssen. Für den Stadt-Mitarbeiter steht fest: „Nach der Renaturierung der südlichen Isar kommt jetzt das Herzstück dran. Doch je näher wir an das innerstädtische Ufer heranrücken, desto spezifischer werden die Fragen. Daher sind alle Anrainer beteiligt.“ Das Alpine Museum hat Wünsche, das Europäische Patentamt, das Deutsche Museum sowieso. Auch Vereine und Verbände sind dabei. Denn es gibt viele Abhängigkeiten. „Bevor Treppen oder Balkone zum Fluss gebaut werden können, müssen erst die Mauern saniert werden oder der Denkmalschutz geklärt werden und so weiter.“ Sogar der Obdachlose unter dem Kabelsteg gesellt sich vor Ort zu der Kenner-Runde. „Warum der Abstieg hinter dem Alpinen Museum zum Kiesbett nicht geöffnet wird, ist auch so eine Detailfrage“, sagt Königer. Er hat alle möglichen Antworten in zwei Mappen unter dem Arm.
Die Ausstellung der Isar-Ideen ist bis 5. August zu sehen. Am 17. und 30. Juli gibt es Führungen, jeweils um 18 Uhr. Treffpunkt: Vater-Rhein-Brunnen.ISABEL WINKLBAUER