Hitler und die Atombombe

von Redaktion

Deutsches Museum: Geheim-Akten belegen Pläne

Der Historiker Mark Walker beschreibt detailliert die akribischen Forschungen der Nazis. Ihr Ziel: eine einsatzfähige Atombombe. © Oliver Bodmer

Warum haben die Deutschen im Zweiten Weltkrieg keine Atombombe gebaut? Hätten Sie es überhaupt können? Oder wollten die Wissenschaftler Hitler bewusst keine Wunderwaffe an die Hand geben? Um diese Fragen ranken sich seit Kriegsende Mythen und Legenden. Damit räumt der Historiker Mark Walker jetzt in seinem neuen Buch Hitlers Atombombe auf.

Kein anderer Wissenschaftler hat sich so intensiv mit dem Atomprogramm der NS-Zeit beschäftigt wie der 66-Jährige. Seit Anfang der 1980er wertet der amerikanische Historiker Tausende von Quellen aus, untersucht Dokumente, die jahrelang unter Verschluss waren und heute im Archiv des Deutschen Museums aufbewahrt werden. Dort hat der Forscher und ehemalige Doktorand der LMU München sein Buch vorgestellt und die Frage aller Fragen beantwortet, warum Hitler keine Atombombe baute: „Während der ersten Phase des Blitzkrieges haben die Deutschen keine neuen Waffen mit hoher Zerstörungskraft benötigt. Und in der Endphase des Zweiten Weltkrieges war die deutsche Industrie nicht mehr in der Lage, eine Atombombe zu bauen.“

Auf einer Länge von fünf Meter lagern im Deutschen Museum 11 600 Seiten der jahrelang geheim gehaltenen Dokumente. Diese wurden bei Kriegsende von einem amerikanischen Spezialtrupp beschlagnahmt und in die USA gebracht, abgefilmt und ausgewertet. 1970 kamen die Unterlagen mit Originalzeichnungen und Forschungsergebnissen zurück nach Deutschland, zunächst ins Forschungszentrum Karlsruhe, dann ins Deutsche Museum, wo sie heute im dritten Stock lagern. Zu den Dokumenten, die mit einer Vielzahl von „Geheim“-Stempeln übersät sind, gehört ein Bericht des deutschen Physikers und späteren Friedensforschers Carl Friedrich von Weizsäcker aus dem Jahr 1940, in dem erstmals die Energiegewinnung aus Uran erwähnt wird. Die Ausführungen über den nuklearen Sprengstoff Plutonium war an die Forschungsabteilung des Heereswaffenamts adressiert.

Walker ist der Meinung, dass die deutschen Wissenschaftler um Carl Friedrich von Weizsäcker, Werner Heisenberg und Otto Hahn so schnell wie möglich Erfolge erzielen wollten. Und dass ihnen durchaus bewusst gewesen sei, für welche Nutzung ihre Forschung verwendet worden wäre. Heisenberg habe den Bau eines Atomreaktors – einer Uranmaschine wie die Bezeichnung damals lautete – vorangetrieben und unter anderem als Antrieb für U-Boote ins Spiel gebracht. „Sie wussten auch, dass die Amerikaner daran arbeiteten und wollten schneller sein“, sagt Walker.

Bis zum Sommer 1942 waren die Wissenschaftler in Deutschland nahezu gleich auf mit denen in den USA. Mark Walker: „Dann hatten die Deutschen mit vielen Problemen zu kämpfen. Die Infrastruktur wurde zerstört, der Nachschub für Material immer schwieriger, die Anlage für die Herstellung von schwerem Wasser in Norwegen bombardiert, Mitarbeiter wurden als einfache Soldaten an die Front geschickt.“ Gleichzeitig stieg die Sorge in den USA, dass die Deutschen kurz vor dem Durchbruch für den Bau einer Atombombe stünden. Ein Trugschluss mit wirklich fatalen Folgen: Das Manhattan-Projekt um J. Robert Oppenheimer sorgte dafür, dass genau vor 80 Jahren die erste Atombombe gezündet wurde.DORIT CASPARY

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