Fest der Frühaufsteher

von Redaktion

Am Sonntag tanzen wieder Tausende beim Kocherlball

Die Tanzmeister Katharina Mayer und Magnus Kaindl geben im Vorfeld Tanzkurse für Polka & Co.

Am Sonntag um 6 Uhr steigt der diesjährige Kocherlball am Chinaturm. © Stache, Hoppe/dpa

Manche stellen sich den Wecker, manche haben eine tolle innere Uhr, und wieder andere kommen nach einem Party-Samstag zum Chinesischen Turm im Englischen Garten. Sie alle eint an diesem Sonntag in aller Herrgottsfrüh eines: und zwar die unbandige Lust auf den Kocherlball. Seit 1989 gibt es ihn wieder. Was ihn so einmalig macht? Wir haben uns bei wahren Experten umgehört.

Für den richtigen Takt und möglichst wenig lädierte Füße sorgen Katharina Mayer und Magnus Kaindl. Sie bieten im Hofbräuhaus vorab Kurse an, wo man die alten Tänze lernt. Katharina Mayer schwärmt vom riesigen Zulauf. „Das Allercoolste ist die Vielfalt! Egal welche Gesellschaftsschicht, welches Alter, welche Herkunft – jeder ist eingeladen mitzutanzen“ – vom Landler über die Polka bis zum Zwiefachen. Zum 19. Mal ist Mayer am Sonntag dabei als „Vortänzerin“ für rund 12 000 Besucher. Eine feste Abfolge gibt es nicht. „Wir richten uns nach der Energie im Publikum.“ Ausnahme: Um 8 Uhr erklingt die Münchner Francaise zurFledermaus-Quadrille“ von Walzerkönig Johann Strauss (Sohn).

Klar: Auch die Präsdentin des Vereins zur Erhaltung der Biergartentradition, Ursula Seeböck-Forster, liebt diese Tradition: „Vor langer Zeit war der Kocherlball noch ein Kostümball, aber in den vergangenen Jahren sieht man auch immer mehr junge Besucher in Tracht, die Volksmusik wieder schätzen und sich der Historie des Kocherlballs bewusst sind. Das ist sehr schön.“ Dem können Michael Behrens und seine Lebensgefährtin, die Jodelkönigin Franzi Kinateder, nicht beipflichten. „Wir sind dabei, seit es den Kocherlball wieder gibt. Die Veranstaltung ist wunderbar, aber wir setzen heuer zum ersten Mal aus.“ Warum? Weil die Tradition, die Historie vernachlässigt würde, Tracht immer weniger zu sehen sei und viele den Kocherlball „als Faschingsball“ sehen. „Aber wir haben hier viel Schönes erlebt, und 2026 wollen wir wieder mit dabei sein.“

Jürgen Kirner, Volkssänger, Kabarettist („Brettlspitzen“) und noch einiges mehr, sieht das weniger dramatisch. „Der Kocherlball hat nach wie vor einen einzigartigen Charme. Es gibt zwar immer mehr Duplikate in Bayern, aber das Original ist unschlagbar.“ Die Besucher verändern sich, wie sich die Gesellschaft verändert. „Jeder soll machen, wie er meint. Wer in Jeans kommen will, soll in Jeans kommen. Keine Uniformierung!“

All die Stimmen hätten wir freilich ohne Pankraz Freiherr von Freyberg nicht sammeln können. Er hat vor 36 Jahren die Tradition wieder aufleben lassen. Dafür reist er auch heuer von Passau an. Warum hatte sich der Adelige so für die eigentlich verlorene Tradition eingesetzt? „Weil man einen Eindruck bekommt, wie hart früher die Angestellten in Haushalten arbeiten mussten – nur sonntags um sechs Uhr vor der Arbeit war Zeit für Vergnügen. Zum anderen sind die Atmosphäre und der Ort einfach zu schön.“ Er freut sich über die Abertausenden, die der Kocherlball anzieht. Mit seiner Mischung aus Musik, Tracht, Tanz und Tradition schafft die Veranstaltung zudem etwas unendlich Wichtiges: „Sie verbindet.“DANIELA POHL, MATTHIAS BIEBER

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