Letztens sind ein Spezl und ich beim Rumradeln im Speckgürtel in eine Art Pommes-Laube geraten, ein Schrebergärten-Stüberl, das die daran gelebte Gaudi recht ostentativ dokumentiert: durch kauzige Skulpturen, Sprüche, Pokale, Postkarten und vor allem sehr viele Fotos. Aus jedem Einrichtungsdetail quillt die Botschaft: Hier ist was los!
In der Realität war die Gaststätte eher eingeschränkt lebendig, abgesehen vom nebendran herumwurmisierenden Wirt und einem Stammgast, der sich aber wenig bewegt hat. Hier war also trotz oder wegen der Deko nichts los und genügend Zeit zur Foto-Betrachtung. Die Bilder waren Erinnerungen an kreuzfidele Abende, also Fasching, Silvester oder einfach zwischendurch.
Beim gezeigten Personal herrschte wenig Variation. Zu sehen war ein Dutzend Leute in wechselnden Lebensphasen, erst strotzend und haarig, dann grauer und schiefer, mal feiernd, mal verkleidet, mal gemütlich, aber immer mit einem Bier in der Hand. Auch der Wirt war sehr präsent, teilweise noch mit kompletter Haarpracht im Stil der ewig schiachen Achtziger.
Bei den Postkarten am Spiegel hinter der Bar schließlich eine Entdeckung: eine Reihe von Sterbekarten und Bildern mit Trauerrand, die mehrere Personen aus der sonst so quietschfidelen Gruppe zeigt. „Viel zu früh!“ steht auf einem Papperdeckel. Da kommt dem Spezl ein verwegener Gedanke: Sind diese Menschen nicht grade deswegen so relativ früh von uns gegangen, eben weil sie hier so viel gezecht und gefeiert haben? An Indizien dazu fehlt es nicht. Ist die Galerie für den Wirt also eine Art Leistungsschau, vergleichbar mit den Kerben, die sich der Killer im Western in den Colt schnitzt. Seht her: Mein Feld ist bestellt und frisches Bier fei auch.
Diesen unseren sicher verwerfenswerten Erörterungen lauscht der einsame, ja, vielleicht letzte Stammgast, dann macht er sich durch ein Schnauben bemerkbar, deutet auf die Pokale an der Wand und flüstert: „Und schauen S‘! Da oben ist die Asche.“ Wir sind daraufhin dann doch keine Stammgäste geworden. redaktion@ovb.net