Polizisten nehmen am Nußbaumpark einen Mann fest.
Diese besorgten Eltern fordern Hilfe von Oberbürgermeister Dieter Reiter. © Schlaf, Götzfried
Ein Mann setzt sich einen Schuss hinter einem Brunnen im Nußbaumpark – in der Nähe des dortigen Spielplatzes. © privat
Der Mann im schwarzen Kapuzenpulli steht hinter dem kleinen Brunnen. Nicht weit von ihm flanieren Spaziergänger, ein paar Meter weiter tollen Kinder auf dem Spielplatz herum. Ihn kümmert das nicht – die Sucht ist stärker. Er sticht sich in die linke Hand und setzt sich den Schuss. Am helllichten Tag, kurz vor 12 Uhr.
Verstörende Bilder vom Nußbaumpark im Herzen Münchens – doch neu sind sie nicht. Seit Jahren konsumieren Junkies hier offen. Laut Olaf Ostermann von der Drogenberatung Condrobs spritzen sich 5000 bis 7000 Menschen in München Drogen. „Davon halten sich zehn bis 50 am Nußbaumpark auf.“ Laut Ostermann ist der Park aktuell ein Hotspot der offenen Drogenszene – zusammen mit Sendlinger Tor und Hauptbahnhofsviertel.
Als sich unser Reporter dort umsieht, liegen am Boden Dutzende Verpackungen von Spritzen und Plastikkappen der Nadeln. Am Brunnen, wo der Mann sich Drogen spritzte, klebt Blut. 20 Meter weiter im Gebüsch liegt eine Spritze – mit Nadel und brauner Flüssigkeit. Überall sind kleine Ampullen Kochsalzlösung zu sehen. Die nutzen Süchtige, um Drogen vor dem Schuss aufzulösen.
Vor Kurzem schrieben Anwohner und Eltern am Nußbaumpark einen Brandbrief an OB Dieter Reiter (SPD). Kinder hatten benutztes Drogenbesteck gefunden und mit bloßen Händen angefasst. Sie fordern Maßnahmen – genau wie die CSU/Freie Wähler-Fraktion im Stadtrat. Fraktionschef Manuel Pretzl: „Ich bin absolut schockiert von den Zuständen im Nußbaumpark. Junkies, die sich neben dem Spielplatz die Spritzen setzen. Es wird gekifft, rumgeschrien, wild uriniert. Dazu überall Müll.“
Pretzl sieht den Nußbaumpark schon als zweiten Alten Botanischen Garten: „Wir haben deshalb in der Vergangenheit bereits mehrfach ein Cannabis- und Alkoholkonsumverbot sowie mobile Videoüberwachung gefordert. Doch alle unsere Initiativen, die darauf abzielen, die Situation vor Ort zu entschärfen, wurden von Grün-Rot einfach weggewischt. Das zuständige Kreisverwaltungsreferat leugnet die Probleme.“ In einem Antrag fordert die CSU nun mehr Polizei, Videoüberwachung sowie ein Cannabis- und Alkoholverbot. Pretzl: „Wir dürfen nicht akzeptieren, dass Kinder auf Spielplätzen solchen massiven Gefahren ausgesetzt sind.“
Solche Maßnahmen hält Olaf Ostermann für wirkungslos: „Mehr Überwachung und Verbote werden das grundsätzliche Problem nicht lösen. Die Menschen werden dann woanders konsumieren. Sie sind krank und können nicht anders: Die meisten intravenös konsumierenden Menschen in München haben keine Wohnung.“ Er fordert stattdessen sichere Räume, wo Süchtige Drogen konsumieren können: „Wenn Eltern besorgt sind, sollen sie sich an die Bayerische Staatsregierung wenden. Denn die blockiert seit Jahren Drogenkonsumräume in München, die die Stadt unbedingt haben will. Solche Räume würden den öffentlichen Raum sehr entlasten.“T. GAUTIER