Gerti – immer am Ball

von Redaktion

Wie eine Münchnerin zur Fußball-Pionierin wurde

Gerti beim Spiel auf dem städtischen Platz hinter dem Hofbräukeller (Foto li.). Rechts: an der Theke der Schoppenstube, stolz auf den Pokal. © Oliver Bodmer (3)

Gastro-Legende Gerti Guhl (78) erzählt von ihrem Leben als bayerische Fußball-Pionierin.

Heute Abend kicken sie wieder – die deutschen Frauen. Und Millionen schauen zu, drücken die Daumen. Vor wenigen Jahrzehnten noch unvorstellbar. Lange verboten, jetzt Publikumsliebling der Nation – die Geschichte des Frauenfußballs ist einigen mutigen Pionierinnen zu verdanken. Eine ist die Münchner Gastro-Legende Gerti Guhl. Ein persönlicher Rückblick.

Gerti bleibt immer am Ball – auch mit 78 Jahren. Die Ex-Chefin der legendären Fraunhofer Schoppenstube (sie führte das Kultlokal bis 2013) ist heute noch fit wie ein Turnschuh. Womit wir beim Thema wären. Denn wer, wenn nicht ein energetischer Tausendsassa wie Gerti Guhl hätte wohl den Frauenfußball bei uns mit aus der Taufe heben können? „Wie die Jungfrau zum Kind“ sei sie zum Fußball gekommen, erinnert sie sich.

Ihr Mann sportelte beim FC Laim und da hat sie halt mal gefragt, ob es für sie da nicht auch was gäbe? Klar, Handball – oder gar Damenfußball vielleicht, hieß es halb im Scherz. Und da hat sie, typisch Gerti, gleich beides gemacht, die ersten Jahre. „Erst als ich 1972 mein Lokal geführt habe und die mich als Nichtraucherin da nächtelang vollgequalmt haben, bin ich endgültig zum Fußball, weil das Training draußen an der frischen Luft war“, lacht sie.

Dabei war Frauenfußball damals noch richtig mies angesehen. „Ausgelacht haben sie uns. Was moanst, was die uns an den Kopf g‘worfen haben. ,Weiber an den Kochtopf!‘ und so“. Macho-Sprüche. Zeichen der Zeit. Frauenfußball ist auch ein Stück Emanzipationsgeschichte: Unter den Nazis war der Sport für Frauen tabu. Im Jahr 1957 gab es noch DFB-Beschwerden, als München für ein Länderspiel das Dantestadion freigab. Erst 1970 fiel das offizielle „Frauenfußball-Verbot“ des DFB! Denn der Druck – nach Minirock, Flower-Power und Anti-Babypille – war einfach zu groß. „Wir Frauen haben unsere Rechte und unsere Freuden regelrecht erkämpft.“

Der FC Bayern und der FC Wacker München waren damals Pioniere. Und Gerti vornweg. „Ich hatte die Spielerpassnummer 202. Stellt euch das mal vor. Heute gibt es Hunderttausende!“ Ambitioniert kickte sie acht Jahre lang für Wacker. „Der Trainer der A-Jugend vom FC Bayern hat uns gecoacht. Ausdauer, Taktik, Spielzüge, Technik.“ Und kämpfen! „Ich war Rechtsaußen, stürmte am liebsten von hinten. Wir hatten da eine Linksaußen, die gab geniale Flanken“, schwärmt Gerti. Acht Tore in einer Saison war ihr größter Erfolg. „Ich war eine der Besten.“ Nur einmal, sie ist noch immer „ein bisserl sauer“, musste sie pausieren und wurde gegen 1860 bis zum Schluss nicht eingewechselt. „Da war ich züntig“, sagt die Gerti. Und hat gekündigt. Das war 1981. Auslaufen.

Später, als Wirtin der legendären Schoppenstube, hat sie noch Benefizspiele veranstaltet: Angestellte gegen Promis. „Mit dem Tatort-Wachtveitl und Regisseur Michael Verhoeven etwa. Natürlich nur aus Gaudi.“ Wie auch das große Promi-Turnier der Internationalen Hofer Filmtage 2008. Da hat die Gerti zum letzten Mal vor Publikum gespielt. Beim von ihr mitgegründeten Verein Spielraum-ev.info (20 verschiedene Sportarten, gefördert von der Stadt), hat sie „die kleinen Madeln trainiert“, jahrelang. „Und wenn ich heute Kinder auf der Straße mit einem Ball sehe, muss ich immer noch dagegen treten.“

Und übrigens: Gertis Tipp fürs Spiel gegen Spanien heute ist 2:1. „Aber nur, wenn sie richtig kämpfen, sich nicht einlullen lassen und präzise spielen.“OLIVER MENNER

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