MÜNCHNER FREIHEIT

Der Narr, der Kasperl und der Clown

von Redaktion

Neulich las ich unserer Zeitung von dem US-amerikanischen Clown Tim Cunningham. Er hatte sich dagegen verwehrt, dass in seiner Heimat „Clown“ als Verbalinjurie gegen politische Gegner eingesetzt wird. Insbesondere gegen Präsident Trump. Keinesfalls wolle man als Clown sozusagen in einem Atemzug mit dem Mann genannt werden. Natürlich hat Herr Cunningham Recht, schon allein, weil Clown und Clownin (ja, die gibt’s) Profis sind. Was man von Trump in keiner Hinsicht sagen kann.

Sie haben ihren ehrenwerten, traditionsreichen Beruf gründlich gelernt. Er erfordert viel Übung, Geduld, Disziplin, Können, Timing und mentale Stärke. Jeden Tag die anderen zum Lachen zu bringen, auch wenn’s einem mal fad ist oder man Schmerzen und Trauer durchlebt, erfordert höchste Professionalität und eisernes Durchhaltevermögen. Obendrein darf das Publikum nichts davon bemerken, denn die Gaudi soll leicht und lustig wirken, mühelos und spontan.

Allerdings spiegelt die Clowns-Kunst durchaus unseren Alltag, unsere Abgründe wider. So manche Nummer erzählt nicht nur vom Tollpatsch, der mit der Tücke des Objekts kämpft, sondern auch von Aggressionen, vom Scheitern, vom Ausgeliefert-Sein; gerade im Duo von Dummer August und Weißclown. Die US-Filmindustrie hat sich darüber hinaus den Horrorclown ausgedacht. Könnte zu Trump passen … Obwohl, selbst die Schreckensgestalt ist verdammt professionell. Was jedoch die Clowns über alle auf dem Feld der unterschiedlichen zirzensischen Virtuositäten heraushebt, ist, dass aus ihren Reihen geniale Künstlerpersönlichkeiten entspringen können: ob man sich nun in die Poesie eines Oleg Popow träumt, an Charlie Rivel erinnert, der in die Kinderseele kriechen konnte, oder ob man mit Gardi Hutter kichernd neue Denkräume entdecken darf.

Heftig widersprechen muss ich Clown Cunningham trotzdem. Er schlägt vor, Trump doch lieber als „Kasper“ oder „Narr“ zu bezeichnen. Es ist kein schöner Zug, die „alten“ Kollegen derart zu desavouieren.

Kasperl und Narr sind ehrenwerte, bisweilen literarisch überhöhte Figuren, die den Humor durch Jahrhunderte vom Schenkelklopfer bis zur scharfen Satire, vom Blödsinn bis zur schmunzelnden Weisheit, vom Spektakel bis zum Trost für die Ohnmächtigen zu uns getragen haben. Das wird niemand je vom aktuellen US-Präsidenten behaupten können.

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