„Ich bin ein Justiz-Irrtum“

von Redaktion

Nach Dienstplan-Panne: Münchner Taxifahrer Mustafa N. (33) vor Gericht

Um diesen Spiegel ging es im Prozess. © privat

„So einen Schmarrn kann man sich nicht ausdenken:“ Mustafa N. (33) vor dem Taxi. Er wurde beschuldigt, einen Spiegel abgetreten zu haben. © SIGI Jantz

Er war nicht am Tatort, nicht mal in der Nähe. Und trotzdem wurde Mustafa N. (33) angeklagt, weil er ein Auto beschädigt haben soll. „So einen Schmarrn kann man sich nicht ausdenken“, ärgert sich der dreifache Familienvater, dem der Prozess am Amtsgericht gemacht wurde. Tatvorwurf: Sachbeschädigung.

Der Taxler war Mitte Mai 2024 mit Fahrgästen weit weg unterwegs in Ingolstadt, als in München ein Kollege im Streit den Spiegel von einem parkenden Audi abgetreten hatte. Dessen Halter, ein Ladenbesitzer aus der Isarvorstadt, bekam das zufällig mit. Ein Foto vom Nummernschuld des Taxis machte er erst, als der aggressive Täter wegfuhr – und erstattete Anzeige. Am Fahrzeug entstand ein Schaden in Höhe von 1095,87 Euro, bestätigt das Amtsgericht.

Eine Überprüfung bei dem Taxiunternehmen ergab: Zur Tatzeit soll Mustafa N. an der Kapuzinerstraße gewesen sein. „Dabei war ich doch in Ingolstadt“, beteuert er. Sein Anwalt Albert Cermak ergänzt: „Mein Mandant war angestellt bei dem Taxi-Unternehmen, die gespeicherten Aufzeichnungen stimmten offenbar nicht mit der tatsächlichen Einteilung der Fahrer überein.“

Ein Versäumnis des Unternehmens, wie sich letztlich herausstellte – das für Mustafa N. aber Folgen hatte. „Ein Jahr musste ich mit diesem Vorwurf leben“, kritisiert er. Erst vor Gericht stellte sich der Irrtum nun heraus, als der Anwalt eine Gegenüberstellung forderte.

Sofort war klar: Mustafa N. ist 20 Zentimeter kleiner als der Verdächtigte, den der Ladenbesitzer der Polizei gemeldet hatte. Dazu kommt: „Der Geschädigte hatte mit dem Täter sogar noch gesprochen – und war zum Tatzeitpunkt nur zwei Meter von ihm entfernt“, so Cermak. Glück im Unglück: Das Verfahren gegen Mustafa N. wurde vom Amtsgericht eingestellt, die Kosten trägt nun die Staatskasse. Und der wahre Täter muss nun erst noch ermittelt werden. „Niemand hatte Beweise, trotzdem wurde ich angeklagt. Das wünscht man keinem. Zum Glück ging der Prozess gut für mich gut aus“, sagt der Taxler. Seinen Job hat er unterdessen gekündigt, möchte sich beruflich neu orientieren. Doch der Ärger ist noch nicht vorbei: Denn der Ladenbesitzer fordert auch 4700 Euro Schadensersatz für den Spiegel – und zwar von Mustafa N. Der sagt: „Ich hoffe, das klärt sich jetzt auch noch auf.“ ANDREAS THIEME

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