Was wird aus dem Justizzentrum in der Nymphenburger Straße? Der Freistaat will das Areal verkaufen. © SIGI JANTZ
Es ist ein Bau in Bestlage: der gewaltige Betonklotz in der Nymphenburger Straße (Maxvorstadt). Wir sehen das alte Münchner Strafjustizzentrum, wo täglich große und kleine Gerichtsprozesse stattfinden. Bald wird es leer stehen, die Gerichte ziehen um. Die Zukunft des alten Gebäudes ist danach ungewiss. Sicher ist nun nur: Der Freistaat Bayern will das Areal verkaufen! Das hat Bauminister Christian Bernreiter (CSU) am Donnerstag verkündet. Überlegungen des Freistaats, hier selbst bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sind damit vom Tisch.
Hintergrund: Bald zieht das Justizzentrum in einen Neubau am Leonrodplatz. Das alte Areal aus den 70er-Jahren wird nicht mehr gebraucht. Es stellt sich die Frage: abreißen oder umnutzen? Der Freistaat hatte überlegt, das marode Gebäude selbst umzubauen. Mithilfe staatlicher Wohnungsbaugesellschaften hätten darin bezahlbare Wohnungen entstehen können, so die Idee. Nach einem Ministerratsbeschluss von Anfang 2023 sollte geprüft werden, ob das machbar ist.
Doch nun der Verkauf! „Wir müssen angesichts der angespannten Haushaltslage gut überlegen, wie wir mit den vorhandenen Mitteln am besten bezahlbaren Wohnraum schaffen können“, sagte Bernreiter. Und das gehe aus Sicht des Ministeriums an anderer Stelle im Ballungsraum München einfacher als an der Nymphenburger Straße. Heißt: Mit derselben Investition ließen sich andernorts mehr Wohnungen bauen, erklärte Minister Bernreiter. Wo genau, ließ der Minister offen.
Es sei jedoch keine Option, dass stattdessen auf dem Gelände ausschließlich „Luxuswohnungen“ entstehen sollen, sagt er weiter. Eine Möglichkeit wäre aus seiner Sicht, dass private Initiativen dort bezahlbaren Wohnraum schaffen. Wie das gelingen könnte, darüber führe der Freistaat derzeit Gespräche mit der Stadt.
Diese Idee stößt bei Münchner Politikern teils auf deutliche Kritik. „Es wäre die Aufgabe der Staatsregierung, an dieser Stelle für bezahlbaren Wohnungen zu sorgen“, sagt Anne Hübner, Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat. Sie findet es zynisch, das Grundstück an einen privaten Investor zu verkaufen – und dann die Verantwortung, was dort entstehen soll, der Stadt zuzuschieben, sagt sie. Zumindest müsse der Freistaat jetzt den Verkauf an „entsprechende soziale Verpflichtungen des künftigen Eigentümers binden“.
Darin stimmt sie mit Manuel Pretzl überein. Der ist Fraktions-Chef der CSU im Rathaus (also auch Parteifreund Bernreiters). Pretzl: „Wenn der Freistaat verkauft, muss sichergestellt sein, dass dort soziale Wohnungen entstehen.“ Im Bezirksausschuss Maxvorstadt fühlen sich manche vor den Kopf gestoßen. „Ich bin sehr überrascht“, sagt BA-Vorsitzende Svenja Jarchow (Grüne). Sie fordert mehr Transparenz: Eine lang angekündigte Machbarkeitsstudie zu einem Umbau werde vom Freistaat unter Verschluss gehalten.
Die Initiative „AbbrechenAbbrechen“, die sich für eine Umnutzung des Areals einsetzt, kritisiert die Verkaufspläne ebenfalls: Das „Filetstück“ dürfe nicht zum „Spielball von Investoren“ werden. „Die Gefahr ist groß, dass eine Kommerzialisierung stattfindet“, glaubt Architekt Jakob Bahret von der Initiative. Dass der Freistaat andernorts bauen will, während gerade in der Innenstadt Wohnungen fehlen, findet er nicht schlüssig. JULIAN LIMMER