Polaczy mit Maibaumräuber Tino Bauer.
Eine Institution: Das Teufelsrad steht seit fast 120 Jahren auf der Wiesn.
Im Teufelsrad: Elisabeth Polaczy und Silja Steinberg. © Achim Schmidt, privat (2)
Am 20. September beginnt die Wiesn. Und unsere Zeitung verlost mit den Wirtinnen und Wirten der großen Zelte sowie der Oidn Wiesn je 100 Mass und 100 halbe Hendl! Zudem stellen sie uns heuer ihre liebsten Schausteller und Fahrgeschäfte vor. Den Anfang macht Silja Steinberg vom Hofbräu-Festzelt – im Teufelsrad.
Den Rekord hält ein Schausteller-Madl. Als all ihre Konkurrenten vom Teufelsrad rutschen, harrt sie auf der Drehscheibe noch über neun Minuten aus. Der Ball wirbelt durch die Luft, Seile werden geworfen – aber Laura kämpft gegen die Fliehkraft. Wenn Elisabeth Polaczy davon erzählt, muss sie noch sieben Jahre später schmunzeln. Die 79-Jährige freut es, dass den Titel noch immer eine Frau hält. „Jede Fahrt ist anders“, sagt die Teufelsrad-Chefin. „Jede könnte zur Rekordfahrt werden.“
Der Wettkampf-Charakter – der Allerletzte auf der von Zuschauern umringten Drehscheibe zu sein – reizt durchaus. „Aber eigentlich geht‘s um die Riesen-Gaudi“, sagt Silja Steinberg. Die Wirtin des Hofbräu-Festzeltes ist Stammgast – am Rand, nicht auf dem Radl. „Mein Sohn Niclas feiert jedes Jahr auf der Wiesn Geburtstag“, erzählt sie. „Da ist ein Wiesn-Bummel bei uns Tradition. Früher mussten zum Kindergeburtstag alle schnellen Fahrgeschäfte probiert werden, aber das Teufelsrad ist als Station bis heute geblieben.“
Seiner antiken Hydraulikpumpe geht‘s nicht um „höher, schneller, wilder“. Trotzdem fesselt das simple Konzept nach fast 120 Jahren auf der Wiesn noch sämtliche Generationen. Silja Steinberg schaut am liebsten den Kindern zu. Polaczys ältester Fahrgast aber war eine Dame, 104 Jahre alt – die dabei „wie die Königinmutter winkte“. Mit fast 100 fuhr auch Tino Bauer, der berüchtigte Massenhausener Maibaumräuber, noch mit. Da tobte das Publikum, logisch!
Dass die Zuschauer so sakrisch gern schadenfroh sind und über die Sticheleien des Rekommandeurs lachen, gehört zum kultigen Fahrgeschäft. Das Teufelsrad hat auch schon vielen prominenten Hintern eingeheizt: Oberbürgermeister Dieter Reiter, Schauspieler Elyas M’Barek und Sängerin Vanessa Mai – genau wie Karl Valentin und Liesl Karlstadt vor einem guten Jahrhundert.
Allerhöchsten Besuch aber bekommt Elisabeth Polaczy ja jedes Jahr. Die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul aus Berg am Laim fühlen sich bei diesem teuflischen Vergnügen wie im Himmel. Diese Nonnen waren es auch, die Betty Feldl, Grande Dame der Wiesn, bis an ihr Lebensende gepflegt haben. Von Feldl hat Polaczys Familie das Teufelsrad 2002 übernommen. Feldls Mann Rudolf hatte es nach dem Zweiten Weltkrieg zurück auf die Wiesn gebracht, wo es zuvor schon seit 1908 dank Schausteller-Legende und Hippodrom-Vater Carl Gabriel rotiert hatte. „Zauberhaft, dass man im Teufelsrad bis heute so viel Wiesn-Geschichte atmet“, sagt Silja Steinberg. „Dieses Fahrgeschäft bleibt auf ewig angesagt.“ C. SCHRAMM