Kleines Tier, großer Hunger: die Miniermotte.
Auch im Aumeister hängen bereits braune Blätter an den Kastanienbäumen.
Braunes Laub: Wirt Saverio Marateo im Wirtsgarten seines italienischen Lokals „Il Castagno“. Die namensgebenden Kastanienbäume verlieren bereits ihre Blätter. © Yannick Thedens
Sie ist nur ein paar Millimeter groß – doch sie hat einen riesigen Hunger. Und das ist der Grund, warum manche Kastanienbäume in München derzeit so wirken, als würde mitten im Sommer der Herbst in der Stadt Einzug halten. Die Rede ist von der Rosskastanien-Miniermotte. Wegen ihr werden bei vielen Kastanienbäumen bereits jetzt die Blätter braun und fallen ab.
„Die Larven der Miniermotte fressen die Blätter der Kastanienbäume auf“, erklärt Franziska Wenger vom bayerischen Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV). Der Kleinschmetterling wurde erstmals 1984 in Mazedonien entdeckt und hat sich seit den 90er-Jahren in ganz Europa ausgebreitet. „Die Miniermotte profitiert von den höheren Temperaturen durch den Klimawandel und hat keinen natürlichen Gegenspieler“, sagt Wenger.
Die Folgen sind auch in Münchner Parks und Biergärten sichtbar. „Il Castagno“ – „die Kastanie“ – heißt das italienische Restaurant von Saverio Marateo nahe der Hackerbrücke. Rund zehn Kastanienbäume spenden im Garten Schatten. „Heuer werden die Blätter schon ein bisschen früher braun. Vielleicht, weil es so warm war“, vermutet der Wirt. „Das ist natürlich schade, es wäre schon schön, wenn es noch länger grün wäre.“
Ähnlich ist der Eindruck von Thomas König: „Dieses Jahr gibt es bei uns besonders viele braune Blätter“, berichtet der Wirt beim Aumeister. Unter alten Kastanienbäumen können die Gäste dort am nördlichen Ende des Englischen Gartens bayerische Schmankerln genießen. Zurzeit sind er und sein Team viel damit beschäftigt, die Blätter zusammenzurechen. „Wir müssen das Laub so schnell wie möglich entsorgen, damit sich nicht noch mehr von den Tieren entwickeln“, erklärt er. Auch Lukas Spendler, Wirt vom Hirschau-Biergarten, kennt das Problem. „Den Mottenbefall gibt‘s inzwischen jedes Jahr, hoffentlich findet man irgendwann eine Lösung dagegen“, sagt er. „Gerade geht‘s bei uns aber zum Glück noch.“ Die Situation in den Münchner Biergärten ist unterschiedlich. „Wir rechen fast täglich“, sagt Evelyn Bartkobiak, Serviceleiterin in der Menterschwaige. „Es fällt bereits viel Laub ab.“ Noch weitgehend grün sind dagegen die Bäume beim Paulaner am Nockherberg und dem Hofbräukeller.
Die Bayerische Schlösserverwaltung beobachtet den Motten-Befall genau. Sie ist für den Schlosspark Nymphenburg und den Englischen Garten zuständig. Eine Steigerung im Vergleich zu den Vorjahren gebe es dort zwar nicht. Doch auch im Englischen Garten sind einige Kastanienbäume betroffen. Immerhin: „Der Befall ist keine substantielle Bedrohung für die betreffenden Bäume“, erklärt Sprecher Florian Schröter. Die Hauptzeit der Wachstumsphase sei bereits vorbei und die meisten Bäume hätten über das Jahr hinweg ausreichend Photosynthese betreiben können.
Trotzdem kann ein Mottenbefall die Bäume laut Wenger schädigen. „Die Bäume halten es zwar grundsätzlich aus, aber Kastanien haben sowieso schon zu kämpfen“, sagt sie. „Bei geschwächten Bäumen hat ein Bakterium bessere Chancen.“ Generell gilt: „Wenn es sehr trocken ist, sind die Bäume gestresster und anfälliger für die Motte.“ Bei langen Trockenperioden sei es hilfreich, die Bäume zu gießen. Und: „Abgefallenes Laub einsammeln und entsorgen“, rät Wenger. Denn die Puppen der Motte überwintern im Laub.CLAUDIA SCHURI