Neulich waren sie über Nacht da: Halteverbotsschilder. Sie drohten nur an einem Teilstück einer Straße in meinem Viertel. Keinerlei Informationstafeln in Sicht, was die Stadt hier vorhabe. Ich nahm an, dass einige Frostaufrisse neben den Randsteinen ausgebessert werden sollten. Auf zwei Wochen war die Sperrung begrenzt; passiert ist genau: NICHTS. Die Schilder verschwanden nach 14 Tagen wie von Zauberhand, die Spalten im Teer blieben Spalten im Teer, und die Autos parkten wieder wie gewohnt.
Ein paar Kreuzungen weiter war tatsächlich ein kleiner Bagger fleißig bei der Arbeit gewesen. Rot-weiße Warngestelle schützten einerseits die Arbeiter vor rasenden Radlern und schleichenden Kraftfahrzeugen, sowie andererseits die Fußgänger vor dem netten Baugerät. Die Reparatur am Kleinsteinpflaster wurde zügig beendet, die Behinderung war so gering, dass man sie eigentlich gar nicht Behinderung nennen darf. Das Rätsel um die nutzlosen Schilder blieb und beschäftigte mich.
Wahrscheinlich, vermutete ich, waren die vier zunächst im Einsatz für die echte Baustelle. Es wurde ihnen dort zu fad. Sie kamen sich überflüssig vor, denn die rot-weißen Kollegen hatten ja schon alles Nötige erledigt. Das musste die Halteverbotsschilder, die doch eine durchgreifende Wirkmacht besitzen – Strafzettel dräuen –, in ihrer Ehre verletzen. So eine Respektlosigkeit ließen sie nicht auf sich sitzen und nahmen sich das Motto der Bremer Stadtmusikanten zum Vorbild: „Etwas Besseres als den Langeweile-Tod finden wir überall.“ Musizieren wollten die Metall-Teile nicht, denn sie hatten tatsächlich was Besseres. Das war die vergnügliche Gelegenheit, ihre hoheitliche Untersagung des Parkens völlig sinnfrei auszuspielen. Und alle befolgten den Befehl!
Jetzt weiß ich auch, wer „meine“ Blechkameraden auf so eine Idee gebracht hat. Bei meiner beinahe gescheiterten Stippvisite an der Laimer Willibaldstraße, und zwar dort, wo sie in die Landsberger Straße mündet, quälte mich eine Einbahnregelung: eine atemberaubende Machtdemonstration der Schilder-Familie. Richtig hinterfotzig fordern sie ahnungslose Autofahrer heraus. Scheitere, und du wirst deine Oma so schnell nicht wieder besuchen können! Oder du hast den Stadtplan mit allen winzigen Nebenstraßen der Gegend im Kopf. Den haben naturgemäß nur die „Einheimischen“ parat und damit eine Chance, sich zu ihrer Wohnung zu schlängeln. Man kann darüber lachen und die Schilder-Wut als Herausforderung annehmen. Wenn jedoch die Feuerwehr oder der Notarzt Hilfe leisten müssen, was dann?