Es ist nun wirklich kein Geheimnis, dass der Himmel über Bayern nicht immer weiß-blau ist. Als sich vor Kurzem das Sommerwetter zeitweise verabschiedete, die Nächte plötzlich richtig kühl wurden, es tagsüber auch länger regnete, da erklärte die Nachrichtensprecherin im Radio, wir hätten jetzt „Schottland-Wetter“. Ob das mit dem Kilt wirklich so angenehm ist, scheint mir fraglich.
Da lobe ich mir doch unser typisches Bayern-Wetter. Zuletzt hatten wir es wieder mal: Föhn! Dieses laue Lüftchen, dass uns wunderschöne Tage verschafft, wenn der Rest von Deutschland in – ällabätsch – Schietwetter gehüllt ist. Dabei ist es eigentlich ein importiertes Wetter. Ein Südwind, der von Italien über die Alpen nach Norden weht. Beim Rauf und Runter an den Alpen wird die Luft warm und klar. Der Staub bleibt an der Alpensüdseite hängen und beschert uns beste Bergsicht. Bei Föhn sieht’s in München immer so aus, als ob man mit der S-Bahn in einer halben Stunde in die Alpen käme. Die Bergkette des Karwendel liegt quasi gleich hinter Perlach. Wenn man dann in Holzkirchen aussteigt, wundert man sich, dass es da weit und breit keinen Gipfel zu erklimmen gibt. Die Fata Morgana der Münchner.
Während die einen den Föhn genießen, leiden die anderen. Es gibt wohl kaum ein Wetterphänomen, das so hervorragend als Ausrede für Kopfweh und schlechte Laune taugt. An Föhntagen schlägt er dann gerne zu – der berühmte bayerische Grant. Mal ehrlich, damit wird unser Föhn doch erst so richtig schön. Das ist der entscheidende Unterschied zu ähnlichen Fallwinden in Nordamerika, den Anden oder Südtirol. Sonst wäre unser Lüfterl einfach nur ein simples Wetterphänomen.
Nirgendwo wird der Föhn so zelebriert wie in München. Da kann es schon mal passieren, dass aus kleinen Auseinandersetzungen große Streitereien werden. Andere sollen bei der bayerischsten aller Wetterlagen wie beschwipst agieren. Minister Maximilian von Montgelas, der Schöpfer des modernen bayerischen Staates, soll schon vor 200 Jahren erklärt haben: Missgeschicke seien in der Regel ein Werk des Föhns. Getreu dem noch heute zitierten Motto: „Ich kann da gar nichts dafür, war alles der Föhn.“ Karl Valentin, den der Föhn sehr geplagt haben soll, brachte es auf den Punkt: „Wer beim Föhn net krank ist, der ist überhaupt net gesund.“ Angeblich kann man seinen Föhnschädel wegtrainieren. So ein Schmarrn! Wir Bayern sind stolz auf unsere einzigartige Wetter- und Gemütslage! Wo kämen wir denn da hin, wenn plötzlich alle gute Laune hätten?
Noch schlimmer sind tatsächlich nur Menschen, die trotz Föhn gute Laune haben. Kaum zu glauben, aber Segelflieger haben bei der Föhnwelle über den Alpen richtig Spaß. Da geht’s dann wie im Fahrstuhl immer wieder rauf und runter. Mir wird schon bei der Vorstellung richtig schlecht.
Wenn’s Ihnen bei Föhn aufs Gemüt schlägt, dann hier mein Tipp: Fahren Sie ins Inntal an die Grenze. Dort bläst an Schönwettertagen der „boarische Wind“. Am Vormittag von Süden nach Norden, ab Mittag wechselt er die Richtung und weht von Norden nach Süden in Richtung Tirol. Alten Überlieferungen nach soll er lebensverlängernd, aufmunternd und erfrischend wirken. Aber aufpassen: Er hat Tempo. Dann müssen selbst die Highlander ihr Röckchen festhalten.