Das neue Strafjustizzentrum am Leonrodplatz: Sechs Jahre später als geplant sollen 2026 die ersten Prozesse stattfinden.
Die Architekten sagen, die Gefangenenbusse seien heute viel größer als 2015.
Zu eng für die Transportbusse: die Einfahrt am 400-Millionen-Neubau. Nur eine von etlichen Pannen am Leonrodplatz. © Sigi Jantz (3)
Mit 400 Millionen Euro hatte der Bayerische Landtag den Bau des neuen Strafjustizzentrums am Leonrodplatz bewilligt – es war lange Bayerns größte Hochbaustelle. Doch fertig ist sie auch zehn Jahre nach dem Spatenstich nicht – stattdessen tauchen immer mehr Pannen auf. Und die Mehrkosten gehen in die Millionen. Ein Beispiel unter vielen, aber besonders peinlich: Die Gefangenenbusse sind zu groß für die Zufahrt. Da fragt man sich: Wer hat das verbrochen?
Die Folge des Malheurs: In den ausbruchsicheren Bussen (im Volksmund „Zeiserlwagen“) können Angeklagte aktuell nicht von der Polizei zu ihren Prozessen gebracht werden. Eine peinliche Panne? Das wollen die Architekten der Plan 2 GmbH so nicht stehen lassen und schreiben unserer Zeitung, „dass die Tiefgaragen-Zufahrt nicht falsch geplant wurde“. Vielmehr handele es sich „offensichtlich um den Effekt wie im normalen Straßenverkehr, in dem die herumfahrenden Pkw auch immer voluminöser werden, dass auch die Gefangenentransporter breiter werden“, erklärt Geschäftsführer Axel Krüger. Die „sehr lange Projektdauer“ begünstige diese Entwicklung. Das Problem ist Krüger zufolge „natürlich ärgerlich“.
Das Bauministerium bestätigt den Engpass und teilt mit: „Die Thematik der zu geringen lichten Breite an einer Stelle der Durchfahrt in die Tiefgarage ist im Rahmen der derzeit laufenden technischen Inbetriebnahme aufgefallen.“ Es werde punktuell nachgebessert, angeblich ohne weitere Verzögerung.
Der Spatenstich war im November 2015, fertig sollte das Gebäude 2020 werden. Doch fast jährlich wurden Verzögerungen bekannt. Die neueste Prognose des Bauministeriums lautet: 2026 sollen die ersten Prozesse stattfinden. Über 100 Millionen Euro Mehrkosten sind bisher zulasten der Steuerzahler angefallen. In den Gerichtsfluren machen Justizmitarbeiter und Anwälte längst ihre Scherze über den noch nicht fertiggestellten Neubau.
Rückblick: Erst verzögerte aufgefundene Munition im Boden den Bau, während Corona gab es Lieferengpässe, später Rohstoffmangel. 2024 dann ein Schimmel-Schock: Laut Ministerium sollten die Kosten „bei den Schadensverursachern geltend gemacht“ werden. Zwischendrin: Rechtsstreitigkeiten mit Baubeteiligten. Und nun: erneut Schimmel an einer Neubauwand, wie das Bauministerium einräumen musste.
Wenn die ersten Prozesse tatsächlich starten, dann warten am Leonrodplatz insgesamt 54 Sitzungssäle, darunter auch Deutschlands größter mit 300 Quadratmetern. Das Gebäude wird eine Geschossfläche von rund 40 000 Quadratmetern haben. Darin werden mehrere Strafjustizbehörden untergebracht: das Amtsgericht, die Landgerichte München I und II, die Staatsanwaltschaften sowie das Oberlandesgericht.
Doch der Zeitplan bleibt eng: Insgesamt 1300 Mitarbeiter ziehen noch um. Die Technik muss im neuen Gebäude einwandfrei funktionieren – damit der Ablauf von Strafverfahren nicht gefährdet wird. „Ein Terminplan für den Umzug wird noch in diesem Jahr nach Abschluss des Vergabeverfahrens für die Umzugsdienstleistungen festgelegt“, so das Ministerium. ANDREAS THIEME