Die Brennkammer der Müllverbrennungsanlage. Darin landen immer mehr Kartuschen – und explodieren im Feuer. © AWM
Erst der Rausch, dann der Rumms! Die Partydroge Lachgas verbreitet sich immer mehr in München. Das sorgt für Ärger und Angst bei Anwohnern. Und für Stress bei der Müllabfuhr. Denn: Laut den Abfallwirtschaftsbetrieben München (AWM) explodieren hunderte Gas-Kartuschen im Heizkraftwerk – mit massiven Schäden. Auch Mitarbeiter sind in Gefahr. Eine explosive Lage!
Laut AWM-Sprecherin sind die Kartuschen ein enormes Problem: So würden „täglich bis zu 100 Überreste von Gasflaschen aus den Entschlackern der vier Ofenlinien in der Müllverbrennungsanlage geborgen“. Ein Großteil davon Lachgas-Behälter, so die Sprecherin. Und die seien besonders gefährlich: „Da gerade Lachgasflaschen kein Überdruckventil besitzen, kommt es beim Verbrennen zu unkontrollierten Explosionen auf dem Rost, die Schäden an Rost und Kessel verursachen können.“
Laut Sprecherin kam es im Heizkraftwerk in den vergangenen zwölf Monaten zu „etwa 100 Explosionen im Feuerraum“ – und das allein in einem von insgesamt zwei Blöcken. Die Folge: Anlagen-Ausfall! „Über alle vier Ofenlinien hinweg mussten im gleichen Zeitraum 25 Schäden am Rost repariert werden, die jeweils längere Ausfälle der betroffenen Linie zur Folge hatten“, so die AWM-Sprecherin. Fotos zeigen: Die Explosionen reißen richtige Löcher in den Rost. Deshalb sind die Lachgas-Container für Mitarbeiter der Müllabfuhr auch eine Gefahr. „Es ist in Deutschland schon vorgekommen, dass Kartuschen im Müllauto explodieren, wenn die Presse draufdrückt.“ Dadurch könne theoretisch das Fahrzeug in Brand geraten. In München hat sich laut AWM zwar noch niemand dadurch verletzt, das Risiko ist aber täglich da.
Lachgas-Alarm bei der Müllabfuhr. Der Grund: Kein Mensch entsorgt sie korrekt. Eigentlich müssten sie beim Wertstoffhof abgegeben werden. Das sei zwar gratis, der Aufwand sei den meisten aber zu groß, sagt die Sprecherin. „Es gibt ja auch kein Pfand darauf.“ So bleiben mehrmals die Woche hunderte Kartuschen auf den Straßen zurück – vor allem nach den Partynächten im Univiertel (wir bericheten). Wenn überhaupt, schmeißen Konsumenten die Flaschen in Wertstoffinseln oder in Mülleimer – und viele der Kartuschen landen wieder in der Verbrennungsanlage.
Lachgas hat sich in den vergangenen Jahren zu einer beliebten Partydroge entwickelt. Lange wurde es von Zahnärzten als sanftes Narkosemittel eingesetzt. Heute inhalieren das Gas vor allem Jugendliche aus einem Ballon oder einer Gaspatrone, um sich zu berauschen. Im Gehirn aktiviert das Lachgas Rezeptoren, dadurch werden Schmerzreize gedämpft und Endorphine ausgeschüttet. Da der Konsum aber auch mit hohen gesundheitlichen Risiken verbunden ist, reagiert die Politik: Das Bundeskabinett hat Anfang Juli einen Entwurf für ein Lachgas-Verbot auf den Weg gebracht. THOMAS GAUTIER