Kennt jeden Fall: Fachanwalt Prof. Dr. Wolfgang Böh – hier mit seiner Mitarbeiterin Claudia Meyer. © Sigi Jantz
Nur jeder fünfte Deutsche macht sein Testament. Wer das versäumt, für den gilt die gesetzliche Erbfolge. Und das führt in „nahezu jedem Erbfall zu Nachteilen“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Böh, Fachanwalt für Erb- und Steuerrecht. Wer seinen Nachlass formuliert, sollte sich gezielt beraten lassen. Böh nennt die häufigsten Beispiele aus seiner Anwaltspraxis.
1. Richtige Form beachten
Ein Testament muss handschriftlich formuliert und unterschrieben sein – das geht zur Not sogar auf einem Notizzettel. Vorsicht: Auch nachträgliche Ergänzungen oder Streichungen können einen Formverstoß darstellen. „Problematisch ist zudem, wenn man zahlreiche Einzelgegenstände als Vermächtnisse zuordnet und diese Einzelgegenstände mit Bildern und einer maschinenschriftlichen Tabelle als Anhang konkretisiert werden“, sagt Böh. Er rät Laien, ihr Testament immer durch einen Rechtsanwalt auf die Wirksamkeit des Schriftstückes prüfen zu lassen.
2. Ersatzerben angeben
Ein Mann setzt seine Ehefrau als Erbin ein. Doch was, wenn er länger lebt als sie? Die Lösung: Hier muss ein Ersatzerbe benannt werden. In unserem Fall sollte der Mann zum Beispiel ein Kind angeben, das statt der Mutter erben würde, falls sie vorher verstirbt. „Ist der Ersatzerbe bereits älter und ist es wahrscheinlich, dass er den Erbfall nicht mehr erlebt, so sollte ein weiterer Ersatzerbe eingesetzt sein“, rät Böh.
3. Alleinerbe sicherstellen
Setzen sich Ehegatten gegenseitig als Alleinerben ein, gehen sie meist davon aus, dass das Testament für den überlebenden Ehegatten bindend ist. Sie glauben, dass dieser den Nachlass „nicht einfach an eine dritte Person verschenken oder ein neues Testament errichten darf“, erklärt Böh. Diese Annahme sei aber falsch. „Denn ein Ehegattentestament hat nur eine Bindungswirkung, wenn sich dies aus dem Testamentstext ableiten lässt.“
4. Landesrecht bedenken
„Die meisten gehen davon aus, dass deutsches Erbrecht in ihrem Erbfall anwendbar ist, weil sie deutsche Staatsbürger sind. Diese Annahme ist aber falsch“, so Böh. Denn hier gab es Änderungen auf EU-Ebene. Demnach entscheidet nicht mehr die Staatsbürgerschaft, sondern der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers, welches Recht tatsächlich gilt. Das lässt sich umgehen, wenn man im Testament festlegt, dass für den Erblasser deutsches Erbrecht anzuwenden ist.
5. Ist ein Notar nötig?
Von einem Ehegattentestament dürfen sich beide Partner zwar zu Lebzeiten einseitig lösen. Der Widerruf muss aber auch notariell zugestellt werden – denn nur so wird sichergestellt, „dass der Widerrufsempfänger weiß, dass auch er an das Ehegattentestament nicht mehr gebunden ist“. Ohne Notar gilt das Testament weiterhin.
6. Pflichtteil einrechnen
„Pflichtteilsansprüche sind ein Problem auch im Rahmen der Testamentserrichtung und Testamentsdurchsetzung“, sagt Böh. Erblasser können die Höhe beschränken – zum Beispiel durch lebzeitige Schenkungen. Diese werden zwar auf den Nachlass hinzugerechnet. Je „älter“ die Schenkungen sind, desto geringer ist die Hinzurechnung.
7. Rangliste schreiben
„Die Risiken einer Erbengemeinschaft werden vielfach unterschätzt“, sagt Böh. Hauptproblem sei, dass darin alle Erben nur einvernehmlich entscheiden können. Tipp: „Die Vertretung innerhalb einer Erbengemeinschaft sollte idealerweise über eine Vollmacht geregelt werden, damit nicht bei jeder Entscheidung eine Abstimmung erfolgen muss.“
8. Erbschein prüfen
Ein Erbschein kann teuer werden. Viele lassen ihr Testament deshalb durch einen Notar ausfertigen, weil sie glauben, nur so können sie den kostenpflichtigen Erbschein vermeiden. Aber auch eine „formwirksame transmortale Vorsorgevollmacht kann den Erbschein entbehrlich werden lassen“, sagt Böh. Sie müsse nicht notariell beurkundet werden. „Es genügt die kostengünstige notarielle Unterschriftsbeglaubigung.“
9. Testierfähigkeit
Steht die Frage im Raum, ob jemand noch testierfähig ist, werde oft ein Notar eingeschaltet. Böh zufolge ein Irrtum, denn „Rechtssicherheit verspricht in der Regel nur eine gutachterliche Beurteilung eines Facharztes für Psychiatrie“. Selbst der Hausarzt darf das nicht beurteilen. A. THIEME