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von Redaktion

Tag des offenen Denkmals: Wir stellen die Alte Ziegelei in Oberföhring vor

So entstehen Ziegel: Lothar Röth vom Verein für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten im Maschinenhaus der Alten Ziegelei. © Achim Schmidt

Zehn Tage. So lange liefen italienische Gastarbeiter Ende des 19. Jahrhunderts aus der Region Friaul nach München, 500 Kilometer zu Fuß. Ihr Ziel: die Münchner Ziegeleien. Dort wurden die Arbeiter dringend gebraucht, denn München explodierte geradezu. Während die Stadt – samt Eingemeindungen – im Jahr 1850 etwa 150 000 Einwohner hatte, waren es 1900 bereits 500 000. Wohnraum musste her – und für den Bau brauchte es Ziegelsteine. Ohne sie wäre die rasante Entwicklung der Stadt kaum möglich gewesen.

Die Ziegel wurden aus Lehm gewonnen – und davon gab es östlich der Isar reichlich. Die sogenannte „Lehmzunge“ erstreckte sich von Ramersdorf bis nach Ismaning. Eine Goldgrube. Bis 1848 durften allerdings nur Adlige und der Staat Ziegeleien errichten. Doch nach der Deutschen Revolution 1848/49 konnte jeder ein Gelände kaufen oder pachten und dort eine Ziegelei betreiben. So wurden die „Loambarone“ steinreich – während die Ziegelei-Arbeiter 14 Stunden am Tag für einen Hungerlohn schufteten. Fast hundert Jahre lang kamen sie jeden Sommer nach München.

Zwischen Haidhausen und Unterföhring schossen damals dutzende Ziegeleien aus dem Boden, rund 100 Betriebe gab es zu Hochzeiten. Anfangs trugen die Arbeiter den Lehm noch mit der Hand ab, mischten ihn mit Wasser und formten die Ziegel mit einer hölzernen Vorlage. Dann wurden die nassen Ziegel auf den Feldern getrocknet und gebrannt. Später, etwa ab 1914, übernahmen Maschinen den Lehmabbau und das Pressen der Steine, gebrannt wurde in einem Ringofen. Zum Trocknen wurden eigene Stadel errichtet, dort wurden die nassen Ziegel vier bis sechs Wochen gelagert. Dann kamen sie in den Ofen, rund 24 Stunden lang.

Die Ziegel aus Oberföhring sind auch heute noch in München zu finden, unter anderem sind sie im Schloss Schleißheim und Schloss Nymphenburg verbaut. Auch beim Wiederaufbau kriegszerstörter Häuser kamen sie millionenfach zum Einsatz. Schon die Frauenkirche und die Stadtmauer wurden aus Ziegeln errichtet, die kamen allerdings aus Haidhausen.

Wie die Ziegel-Herstellung ablief, können sich Interessierte in der Alten Ziegelei in Oberföhring ganz genau anschauen – dank des Vereins für Stadtteilkultur im Münchner Nordosten. Die Überreste der Ziegelei Joseph Haid (Deck), die 1964 als eine der letzten den Betrieb einstellte, lagen seitdem brach – bis der Verein 2011 mit der Restaurierung begann.

Engagierten Ehrenamtlichen wie Lothar Röth ist es zu verdanken, dass heute das komplett erhaltene Maschinenhaus samt Originalgeräten besichtigt werden kann, ebenso wie ein Teil des alten Trockenstadels.

Der Verein für Stadtteilkultur bietet Führungen durch das Oberföhringer Industriedenkmal an, so auch am Tag des offenen Denkmals am Sonntag. Ab 11 Uhr gibt es am Sonntag kostenlose Touren durch beide Ziegeleigebäude, letzter Start ist um 16 Uhr. Treffpunkt: Zur Alten Ziegelei 15, 81925 München. LEA SCHÜTZ

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